BPE: Über Barrierefreiheit für Menschen mit psychischen Diagnosen nachdenken

11.09.2016 | Gesundheitswesen

Eine Neuausrichtung der Psychiatrie ist aus Sicht des Bundesverbandes Psychiatrie-Erfahrener (BPE)mit der UN-Behindertenkonvention unausweichlich geworden. Auf ihrer Jahrestagung in Kassel lädt sie vom 7. bis 9. Oktober 2016 ein, Veränderungen anzustoßen.
Seit 2009 ist die UN-Behindertenkonvention auch in Deutschland geltendes Recht. Sondergesetze gegen Menschen mit Behinderungen dürfe es demnach nicht mehr geben. Die Psychisch-Kranken-Gesetze (PsychKGs) und Unterbringungsgesetze der Länder und die Regelungen im Betreuungsrecht stellten jedoch eine solche Sondergesetzgebung dar. Allgemeine Patientenrechte müssen auch für Psychiatriepatienten gelten. Der BPE sieht gegenwärtig noch weitere Kritikpunkte: Die Forderungen der UN-Konvention nach Förderung von Inklusion und Verhinderung von Exklusion würden danach in der Praxis nicht umgesetzt. Menschen würden nach psychischen Krisen in Werkstätten für behinderte Menschen oder schon in jungen Jahren in Frührente geschickt, Programme für einen beruflichen Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt seien kaum etabliert. In sozialpsychiatrischen Subkulturen sieht der Verband eine Art Parallelwelt: Gesungen, gebastelt, gekocht und Sport getrieben wird in der psychiatrischen Tagesstätte, und nicht zusammen mit Nichtbetroffenen in Vereinen oder bei der Volkshochschule. Das persönliche Budget, eine Möglichkeit auch nichtpsychiatrische Hilfen in Anspruch zu nehmen, würde nur sehr restriktiv umgesetzt. Auch über Barrierefreiheit für Menschen mit psychiatrischen Diagnosen sei bislang kaum nachgedacht worden. Für körperbehinderte Menschen ist beispielsweise der Anspruch auf Assistenz längst zur Alltäglichkeit geworden, für Menschen mit psychiatrischen Diagnosen bleibt er ein Fremdwort, heißt es. Das diesjährige Motto der vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Jahrestagung lautet „Psychiatrie - Risiken und Nebenwirkungen“. Die Risiken und Nebenwirkungen der Psychiatrie sind nach Einschätzung des Verbandes immens. Hierbei gehe es nicht nur von den Schäden und der Lebenszeitverkürzung durch Einnahme von Psychopharmaka, sondern auch von der gesellschaftlichen Ausgrenzung und der massiven Einschränkung von Möglichkeiten, die oftmals mit psychiatrischer Diagnostizierung und Behandlung einhergehen. Mehr Informationen unter
http://www.bpe-online.de/termine/2016-10-09.pdf

Quelle: Presseinformation des Bundesverbandes Psychiatrie-Erfahrener vom 9. September 2016