„Das kann nur zum Absturz führen“
bpa-Präsident Meurer übt scharfe Kritik am Referentenentwurf zur Pflegeausbildung
„Der Freitag war ein schwarzer Tag für die Altenpflege. In den letzten Jahren haben sich immer mehr junge Menschen für die Altenpflegeausbildung entschieden. Wir sind damit auf einem guten Weg. Man kann sagen, das Flugzeug befindet sich im Steigflug und jetzt kommt die Bundesregierung und wechselt mittendrin die Software aus. Das kann nur zum Absturz führen“, kritisiert bpa-Präsident Bernd Meurer den Referentenentwurf der Bundesregierung zum Pflegeberufegesetz scharf. Der bpa hält den Referentenentwurf für so löchrig wie einen Schweizer Käse. „Die Politik verkündet stolz, dass sie die Attraktivität des Altenpflegeberufs stärken wolle. Belege dafür fehlen und zu allen wichtigen Punkten gibt es weder die nötigen Regelungen noch irgendwelche Angaben“, so Meurer. „Wie genau sieht die neue Ausbildung aus? Was sind die Inhalte der neuen Ausbildung im Vergleich zu den drei bisherigen? Wie sollen Träger zur Ausbildung bei mehr Bürokratie, höheren Kosten und erheblich mehr Aufgaben motiviert werden auszubilden? Wie sollen die Auszubildenden lernen, was Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege ist, wenn sie nur auf Stippvisiten in der Praxis sind? Das lässt der Vorschlag offen. Mich treibt die Sorge um, dass am Ende verloren geht, was Altenpflege so besonders macht. Die soziale Komponente, das Verständnis für die besondere Lebenslage eines älteren, hilfebedürftigen und manchmal auch dementen Menschen“, machte Meurer deutlich. „Es ist schon abenteuerlich, dass der Referentenentwurf 46 Millionen Euro im nächsten Jahr an Umschulungsmitteln der Bundesagentur für Arbeit einplant, obwohl jeder weiß, dass diese Finanzierung im März 2016 endet. Da klafft schon jetzt eine große Finanzierungslücke bevor das Gesetz überhaupt verabschiedet worden ist“, machte Meurer klar. Es sei auch überhaupt nicht nachvollziehbar, wie die über 130.000 Pflegeazubis in Deutschland praktische Erfahrung in der Kinderkrankenpflege erlernen sollten, wenn dort überhaupt nur wenige hundert Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. „Es ist völlig schleierhaft, wie die große Zahl von Auszubildenden in drei Jahren durch die Vielzahl von Ausbildungsträgern geschleust werden sollen. Da ist man nur noch mit dem Koordinieren, aber nicht mehr mit dem Ausbilden beschäftigt“, stellte der bpa-Präsident fest. Es sei nichts gewonnen, wenn drei Ausbildungen, die bisher je drei Jahre dauerten, jetzt zu einer Ausbildung zusammengefasst würden, die ebenfalls drei Jahre dauere. Da gingen zwangsläufig wichtige Inhalte verloren. „Mir kann keiner sagen, dass das die Lage besser macht. Eher droht das Gegenteil, das heißt: die fachlich gute Altenpflegeausbildung, die wir heute haben, droht Schaden zu nehmen. Die Auszubildenden lernen alles und können am Schluss weder das eine noch das andere richtig“, erklärte der bpa-Präsident. Gleichzeitig warnte Meurer die Fachpolitiker in den Reihen der Bundesregierung, aber auch die Bundesländer davor, sich bei der geplanten Ausbildungsverordnung über den Tisch ziehen zu lassen: „Das Gesetz ohne die entscheidenden Inhalte, ohne die geplante Verordnung und ohne ausreichende Übergangsfristen, zu verabschieden wäre nicht nur fahrlässig, sondern wird Träger und Auszubildende vollends abschrecken. Für die Folgen wird sich spätestens ab 2017 die Politik verantworten müssen.“Quelle: Pressemitteilung des bpa - Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. vom 30.11.2015