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Drastische Maßnahmen gegen Arbeitskräftemangel nötig
- Kommission "Zukunft der Arbeitswelt" überreicht Analyse zur Arbeitswelt im Jahr 2030 an Bundesministerin Ursula von der Leyen
- Wenn Reformen ausbleiben, sinkt das Arbeitskräftepotenzial durch den demografischen Wandel um zwölf Prozent
- Experten fordern, die Erwerbsquote und die durchschnittliche Jahresarbeitszeit der Arbeitnehmer zu erhöhen
Berlin - Nur eine Reform der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik kann einen künftigen Mangel an Arbeitskräften in Deutschland verhindern. Das zeigen Fachleute in einer heute vorgestellten Studie zur Zukunft der Arbeitswelt im Jahr 2030, die von der Robert Bosch Stiftung gefördert wurde. Andernfalls sinkt die Zahl der potenziellen Arbeitskräfte demografiebedingt um zwölf Prozent - mit negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort und den Wohlstand in Deutschland.
Die Kommission "Zukunft der Arbeitswelt" übergab die Studie heute an Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. "Es ist gut, dass die Kommission dieses wichtige Thema aufgreift", so von der Leyen. "Das Gedeihen von Europas Wirtschaft wird entscheidend davon abhängen, wie es unserem alternden Kontinent gelingt, bisher ungenutzte Ressourcen zu heben. Dabei geht es um die Fachkräfte-Potenziale im Inland, aber ebenso in der EU und dem globalen Arbeitsmarkt. Wenn ausreichend qualifizierte Spitzenkräfte vorhanden sind, entstehen in der Kette dahinter auch viele neue Arbeitsplätze für Menschen, die weniger qualifiziert sind. Wettbewerbsfähigkeit bedeutet, dass es der Wirtschaft gelingt, das Potenzial aller Menschen bestmöglich zu nutzen."
Experten unterschiedlicher Disziplinen haben die Effekte verschiedener Instrumente auf den Arbeitsmarkt und die Beitragsstabilität in den sozialen Sicherungssystemen berechnet. Ihre Szenarien zeigen, dass Politik, Sozialpartner und Unternehmen in einer gemeinsamen Anstrengung die sinkende Zahl von Arbeitskräften in einer alternden und schrumpfenden Gesellschaft bis zum Jahr 2030 noch ausgleichen können. Als wichtigste Stellschrauben dabei nennt die Kommission die Steigerung der Erwerbsquote und der durchschnittlichen Jahresarbeitszeit.
"Unsere Berechnungen haben ergeben, dass der demografische Wandel kein unabwendbares Schicksal für den Arbeitsmarkt ist", sagt Dr. Hans-Peter Klös, Sprecher der Kommission und Leiter des Wissenschaftsbereichs Bildungspolitik und Arbeitsmarktpolitik des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. "Doch wir dürfen nicht nur über die Zahl der Köpfe auf dem Arbeitsmarkt sprechen. Noch effektiver ist es, die Arbeitszeit von Teilzeitkräften zu erhöhen, z.B. von Frauen oder älteren Menschen." Darüber hinaus empfiehlt die Kommission, gezielt in die Qualifikation von Menschen zu investieren, die besonders von Arbeitslosigkeit bedroht sind, und die Produktivität des einzelnen Arbeitnehmers durch lebenslanges Lernen zu erhöhen.
Angesichts der steigenden Lebenserwartung mahnen die Fachleute zudem Reformen in den sozialen Sicherungssystemen an. Sie raten unter anderem dazu, in der gesetzlichen Pflege- und Krankenversicherung eine solidarische Bürgerprämie einzuführen und die Lebensarbeitszeit zu verlängern.
In die Arbeitsmarktstudie sind allgemeine Megatrends eingeflossen wie die Globalisierung und Feminisierung der Gesellschaft, der Übergang zu einer Innovations- und Wissensgesellschaft und der gesellschaftliche Wertewandel. "Wir sind uns bewusst, dass manche Vorschläge Kritik hervorrufen können", sagt Prof. Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability der Hochschule Ludwigshafen. "Doch die Ergebnisse der berechneten Szenarien sprechen eine klare Sprache. Jetzt ist es Aufgabe der Politik, der Sozialpartner und der Unternehmen rasch und konsistent zu handeln."
Als Mitglieder der Kommission wirkten Prof. Heinz Fischer, Peter Hausmann, Dr. Hans-Peter Klös, Prof. Dr. Thomas Lobinger, Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Prof. Dr. Jutta Rump, Prof. Dr. Susan Seeber und Michael Vassiliadis sowie der 2012 überraschend verstorbene Prof. Dr. Norbert Walter. Sie leiteten die aus mehr als 30 Experten bestehenden Arbeitsgruppen zu den einzelnen Teilbereichen Unternehmen, Sozialpartnerschaft, Soziale Sicherung, Arbeitsmarkt, Bildung und Arbeitsrecht.
Quelle: Pressemitteilung der Robert Bosch Stiftung vom 04.03.2013
www.bosch-stiftung.de