Entscheidungen zum Adoptionsrecht: Verfassungsgericht und Menschenrechtsgerichtshof stärken Kindeswohl und Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung
Berlin. Zu den am 19.02.2013 ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Adoptionsrecht lesbischer und schwuler Paare erklärte Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Institut für Menschenrechte: „In erfreulicher Klarheit haben heute das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Rechte von Kindern und das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung gestärkt. Die beiden Entscheidungen stellen klar, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Adoptionsrechts das Kindeswohl als zentrales Kriterium heranziehen muss, und es keine Anhaltspunkte für eine generelle Vermutung gibt, dass das Wohl von Kindern gefährdet ist, wenn sie in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft aufwachsen. Beide Gerichte betonen, dass eine Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Orientierung nur aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt werden kann. Eine Beschränkung des Adoptionsrechts von Partnern oder Partnerinnen in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung kann nach Auffassung beider Gerichte nicht mit dem Schutz der traditionellen Ehe gerechtfertigt werden. Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht deshalb das Verbot der Sukzessivadoption durch einen Lebenspartner oder eine Lebenspartnerin für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber eine Gleichbehandlung mit Eheleuten aufgegeben. Der Europäische Gerichtshof hat den in Österreich bestehenden Ausschluss der Stiefkindadoption in einer stabilen gleichgeschlechtlichen Beziehung als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention gewertet. Beide Gerichte bekräftigen damit auch den Vorrang des Kindeswohls aus Artikel 3 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention.“ Das Bundesverfassungsgericht hatte über § 9 Absatz 7 des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu entscheiden. Danach können Lebenspartner zwar das leibliche Kind des oder der anderen adoptieren, nicht hingegen das Adoptivkind des beziehungsweise der anderen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte über die österreichische Regelung zu entscheiden, wonach zwar unverheiratete Personen in einer stabilen heterosexuellen Beziehung das leibliche Kind ihres Partners beziehungsweise ihrer Partnerin adoptieren können, nicht hingegen Menschen, die in einer stabilen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben.
Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Insituts für Menschenrechte e.V. vom 19.02.2013