Fröhliche Weihnachten
Die erste Weihnachtsfeier habe ich schon hinter mir. Meine Freundin Gesa hatte mich eingeladen. In ihrem Betrieb wird immer ganz groß gefeiert, und diesmal konnte sogar eine begrenzte Anzahl von Nichtbetriebszugehörigen mitfeiern. Am Eingang wurde ich als Gast eingetragen, wir bekamen Bändchen, und bis 23:00 Uhr waren Essen und nichtalkoholische Getränke frei. Die Location bot verschiedene Räume, zum Chillen, zum Tanzen zum Essen und eine Bühne für kleine Showeinlagen gab es auch. Die Stimmung war angenehm. Anders als bei früheren Betriebsfeiern, die ich erlebt hatte. Die waren „echt Stromberg“ und deshalb hatte ich in den letzten Jahren, auch schon vor Corona, solche Firmenveranstaltungen eher gemieden. Unsere Weihnachtsfeier ist am 8. Dezember, betriebsfremde Gäste dürfen wir zwar nicht mitbringen, aber ich werde hingehen. Ich bin neugierig, welche Feierkultur sich hier etabliert.
Auch die Weihnachtsfeier mit den Familien soll in der nächsten Woche stattfinden, und ich hoffe, dass es keine Einschränkungen gibt, weil Corona schon wieder unterwegs ist. Wir werden die Räume des Familienzentrums nutzen, und die Vorbereitungen konnten wir mit den Familien machen. Frau Albac und eine Kollegin haben mit den Kindern gebastelt, und ich habe mit Daniel Plätzchen gebacken.
Mit Daniel bin ich auch noch zum Shoppen verabredet. Er wünscht sich eine Brieftasche. Wir haben in kurzer Zeit erstaunlich viel erreicht. Sein Personalausweis ist beantragt, er hat ein Jugendgirokonto, auf das seine Mutter ab Dezember in zwei Raten das Kindergeld überweist. Zur Bearbeitung der Drogenthematik haben wir Kontakt zur Jugendsuchtberatung aufgenommen, und bei der Jugendberufshilfe ist auch ein Termin angefragt. Daniel war fast ein Jahr nicht mehr in der Schule und hat keinen Plan, was er mit seiner Berufsbildungsreife anfangen kann. Seit einem Jahr lebt er ohne Tagesstruktur, mal bei seinem Vater und mal bei seiner Mutter. Nach der Trennung der Eltern vor sechs Jahren wurde keine klare Regelung getroffen. Daniel ist ständig hin und her gewandert und wusste nie so richtig, wo er hingehört. Wie sehr die Eltern zerstritten sind, bekomme ich so nach und nach erst mit. Das war bei der Hilfekonferenz nicht zu erkennen. Gemeinsame Gespräche konnten bisher nicht stattfinden. Einer Familienrunde hatten zwar alle zugestimmt, aber dann ist niemand erschienen, nur Daniel hat eine SMS geschickt. Ich führe also Gespräche mit der Mutter und Gespräche mit dem Vater, mache Hausbesuche in beiden Wohnungen, treffe mich mit Daniel und höre jeweils unterschiedliche Erzählungen zu dem, was war und dem was ist. Zu dem, was werden soll, sind sich die Familienmitglieder weitestgehend einig. Der Junge soll von den Drogen weg, eine stationäre Reha soll beantragt werden, und danach soll er eine Ausbildung machen oder eine Schule besuchen. Weder die Mutter noch der Vater möchten, dass Daniel nach der Reha wieder in einem der elterlichen Haushalte wohnt. Das haben sie ihm aber vermutlich noch nicht so deutlich gesagt. Ich finde, dass er nach der Reha in einer therapeutischen Wohngemeinschaft leben sollte. Davon will er aber nichts wissen, und er wollte sich bisher auch nicht darauf einlassen, sich mal ganz unverbindlich so eine WG anzuschauen. Mir ist wichtig, dass der Kontakt bleibt, und ich bin zufrieden, weil er bisher alle Verabredungen mit mir einhielt.
Ihre Katja Änderlich