Gehaltserhebung 2017: Verdienen sie, was sie verdienen (sollten)?
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, der sich auch zunehmend in der Sozialarbeit beobachten lässt, verwundert es nicht, dass sich Studierende der Sozialen Arbeit und auch der Absolventen häufiger und intensiver mit der Gehaltssituation beschäftigen. Mit einer Onlinebefragung wollte in diesem Jahr Prof. Ulf Groth, IfW – Institut für Weiterbildung an der Hochschule Neubrandenburg, einen Übeblick über Vergütungseinflüsse schaffen, denen sich akademisch ausgebildete Fachkräfte in der Sozialen Arbeit sich gegenübersehen. Wenn auch nicht im strengen Maßstab repräsentativ, spiegelt sich nach eigenen Angaben in einigen zentralen Parametern seiner Untersuchung, wie die Geschlechterverteilung, die Berufsgruppe relativ gut wieder. So beteiligten sich über 550 Berufstätige in der Sozialpädagogik und in der Sozialarbeit, davon 72 Prozent Frauen und 28 Prozent Männer. Die Ergebnisse der Untersuchung haben also deutlichen Hinweischarakter. Sozial.de fragte nach Ergebnissen:
Herr Prof Groth, wie zufrieden sind Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Sozialpäadagoginnen und Sozialpädagogen heute mit ihren Gehältern?
Prof: Ulf Groth: Erstaunlich ist, dass rund ein Drittel der befragten Sozialpädagogen mit ihren erzielten Gehältern zufrieden sind. Allerdings verneint dies der größere Anteil der Sozialarbeiterinnen.
Welche Rolle spielt die Art des Studienabschlusses bei der Bezahlung?
Groth: Diplom-Sozialarbeiter verdienen deutlich mehr als Bachelorabsolventen. Dies liegt auch daran, das diplomierte Kolleginnen und Kollgen älter sind und mit zunehmenden Alter in der Regel das Einkommen steigt. Die wenigen teilnehmenden Masterabsolventen konnten offenbar keine nennenswerten Gehaltszuwächse verzeichnen. Dies wirft die Frage auf: Ist der Masterabschluss schon in der Praxis angekommen?
Sie zeichnen ein sehr differenziertes Vergütungsbild innerhalb der Berufsgruppe, je nachdem bei welchem Träger oder in welchem Handlungsfeld man tätig ist. Was hat Sie besonders überrascht?
Groth: Überraschend war das gute Abschneiden im Bildungsbereich und auch in Arbeitsfeldern der Jugendarbeit. Auch das eher mäßige Abschneiden im Gesundheitsbereich hat überrascht. Im Öffentlichen Dienst angestellte Sozialarbeiterinnen verdienen am besten. „A-Arbeitgeber" (ALV, AWO, ASB) weisen nach unserer Erhebung die niedrigsten ausbezahlten Bruttogehälter aus.
Selbst das Aushandeln von Gehältern scheint heute keine Seltenheit mehr, eine Entwicklung, auf die junge Absolventinnen und Absolventen nicht vorbereitet sind, sagen Sie. Wie kann man dem begegnen?
Groth: Ja, rund 13 Prozent der der Befragten gaben an, ihr Gehalt frei aushandeln zu müssen. Darauf bereitet die Ausbildung an den Hochschulen, zum Beispiel durch Verhandlungsführungsangebote, meist nicht vor. Dies muss stärker in der Ausbildung akzentuiert werden.
Welche Chance sehen Sie, berufspolitische Interessen in der Sozialen Arbeit zukünftig stärker zur Geltung zu bringen?
Groth: Insgesamt betrachtet sollten berufspolitische Fragen viel stärker in der Ausbildung thematisiert werden. Jungen Absolventinnen und Absolventen ist nicht immer der Zusammenhang zwischen heutigem Einkommen und der Höhe der späteren Rente bewusst. Hier muss mehr Transparenz und Bewusstsein entwickelt werden. Hier sind die Fachhochschulen in einer Bringschuld.
Sie hatten eine erste Untersuchung zur Gehaltssituation im Berufsspektrum der Sozialen Arbeit/der Sozialpädagogik bereits vor sechs Jahren durchgeführt. Wenn Sie beide Ergebnisse vergleichen: Welche Entwicklung muss man Ihrer Meinung nach besonders im Blick behalten?
Groth: Ganz wichtig scheint mir zu sein, bei den Sozialpädagoginnen und Sozialarbeitern und natürlich auch den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ein Bewusstsein für die Einrichtung einer betrieblichen Altersvorsorge (BAV) zu schaffen. Gerade vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels muss diese Sicherungsleistung von den angestellten Sozialberuflern viel stärker nachgefragt werden. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wären gut beraten, damit offensiv zu werben und diese Mehraufwendungen bei den Refinanzierungsverhandlungen mit öffentlichen Geldgebern einzufordern. Dort werden diese Leistungen nämlich gewährt für die Beschäftigten.
Vielen Dank für das Gespräch! (Die Fragen stellte Ines Nowack, Chefredaktion Sozial.de
Gehaltserhebung 2017: Verdienen sie, was sie verdienen (sollten)? (PDF, 683 KB)