Gemeinsamer Appell: Breites Bündnis fordert die "große Lösung"
Das geltende Jugendhilferecht macht einen Unterschied zwischen Kindern mit sogenannten seelischen Behinderungen und Kindern mit sogenannten geistigen oder körperlichen Behinderungen. Ein breites Bündnis von Verbänden und Politik möchte dies schon lange ändern und erhöht nun den Druck.
Die gesetzliche Trennung der Behinderungsarten (seelisch, geistig, köperlich) sorgt im Alltag für absurde Situationen. So kann es vorkommen, dass im Rahmen der Frühförderung Leistungen für ein hörbehindertes Kind übernommen werden, ein Gebärdensprachkurs für die Eltern und Geschwister des Kindes jedoch nicht. Der Grund: unterschiedliche Kostenträger entscheiden nach je eigenem Ermessen, eine Gesamtzuständigkeit für das ganze Familiensystem exisitert nicht. Dieser Zustand ist für viele Familien, die auf beide Hilfesysteme, also die Jugend- und die Eingliederungshilfe, angewiesen sind, eine Zumutung. Denn zu der ohnehin höheren Alltagsbelastung kommt ein mitunter unüberschaubarer Wust bürokratischer Anforderungen durch die zuständigen Kostenträger. Dieser Zustand ist gerade für sozial schwächer gestellte Familien eine enorme Barriere, so dass Kinder z.T. nicht die Leistungen erhalten, die ihnen eigentlich zustünden.
Ein breites Bündnis aus Jugend-, Sozial- und Wissenschaftsverbänden, aber auch einiger Landesregierungen, fordert die Bundesregierung in einem eindringlichen Appell auf, nun endlich das Versprechen der sogenannten "großen Lösung" einzulösen. Die Zusammenlegung der Jugend- und Eingliederungshilfe sei angesichts der nun seit 10 Jahren ratifizierten UN-Behindertenrechtskovention überfällig. Im gemeinsamen Appell der mehr als 30 Organisationen heißt es, die Überarbeitung des Kinder- und Jugendhilferechts sei nur dann gelungen, "wenn die Exklusion von jungen Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen beendet und die Kinder‐ und Jugendhilfe für alle jungen Menschen gesetzlich gestaltet wird."
Die Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes steht schon seit einigen Jahren auf der bundespolitischen Agenda. Die Umorganisation erfordert teilweise gravierende Veränderungen in den Sozialverwaltungen.