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Happy Birthday: 20 Jahre Zentrum für Psychotraumatologie in Kassel

22.03.2019 | Gesundheitswesen | Nachrichten

Seit 20 Jahren engagiert sich das Zentrum für Psychotraumatologie in Kassel für Menschen, die traumabedingt in schwierige Lebenslagen geraten. Die Gründungsväter- und mütter wünschen sich, dass ihr Engagement nicht weiter benötigt wird, doch absehbar ist dies noch lange nicht.

Der Impuls für die Gründung ging 1999 von Therapeutinnen und Therapeuten aus, die in der Psychiatrie arbeiteten und an die Grenzen der therapeutischen Möglichkeiten für Menschen mit schweren traumatischen Erfahrungen stießen. Viele Betroffene suchten dort Hilfe, ihr oft langjähriges Leiden war kaum bekannt, Traumatherapeutinnen und -therapeuten rar, und der Fokus der psychosozialen und psychotherapeutischen Versorgung lag vorrangig bei den Tätern. Es vernetzten sich in der Folge Kasseler Einrichtungen, die mit Traumatisierten arbeiteten. Das so entstandene Kasseler Traumanetzwerk trifft sich nach wie vor regelmäßig zwei Mal im Jahr.

Zudem wurde die Fachfortbildungsreihe „Fachberatung Psychotraumatologie“ entwickelt. Als Ergänzung zu den vorhandenen Traumatherapieangeboten werden Menschen aus sozialen Berufen fortgebildet, so dass sie Betroffene beraten und begleiten können. Inhalt der Fortbildung sind sowohl theoretisches Hintergrundwissen als auch praktische Übungen zu Beratungs- und Stabilisierungstechniken. Außerdem werden gesetzliche Grundlagen und gesellschaftliche Hintergründe thematisiert. Vertiefungsseminare bieten Einblicke in spezielle Themen, wie die Weitergabe von Trauma über Generationen hinweg, den Einfluss der Weltkriege auf den Umgang mit der heutigen Flüchtlingssituation oder die Arbeit mit traumatisierten, kognitiv beeinträchtigten Menschen. Seit 2009 ist die Fortbildung durch die Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT) anerkannt.

Als Reaktion auf den Zustrom traumatisierter Geflüchteter kam 2016 eine siebenstündige Fortbildung mit dem Schwerpunkt „Flucht und Trauma“ hinzu. Diese wird im Rahmen des Projekts „Inner Safety“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie dem Paritätischen Gesamtverband gefördert und kann bundesweit von Trägern sozialer Arbeit kostenfrei gebucht werden. Ziel von „Inner Safety“ ist es, Haupt- und Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit sowie Geflüchteten zu mehr innerer Sicherheit im Umgang mit dem Thema „Trauma“ zu verhelfen.

Hilfsangebote für Betroffene

Als konkrete Hilfe für Betroffene bietet das Zentrum für Psychotraumatologie e.V. in Kassel persönliche Beratungen an, in denen über Trauma und die Folgen informiert, weitere Schritte geklärt und stabilisierende Übungen zum Umgang mit den Symptomen vermittelt werden. Das häufigste Anliegen ist nach wie vor die Suche nach Psychotherapeutinnen und -therapeuten, die traumatherapeutisch fortgebildet sind. 

Weder die Beratungs- noch die Stabilisierungsangebote werden von den Krankenkassen finanziert. Damit auch Menschen mit geringen finanziellen Mitteln Beratungen in Anspruch nehmen können, stehen Gelder aus der Horst-Richter-Stiftung zur Verfügung. Das Zentrum für Psychotraumatologie e.V. ist ein als gemeinnützig anerkannter Verein und finanziert sich wesentlich aus Mitgliedsbeiträgen, Förder- und Stiftungsgeldern sowie Spenden.

Mit dem integrierten Konzept aus Fortbildung, Vernetzung und konkreten Hilfsangeboten für Betroffene war das Zentrum für Psychotraumatologie e.V. das erste seiner Art in Deutschland und gewann damit 2001 den ersten Preis in Hessen und den dritten bundesweit bei Start-Social, einem Kooperationsprojekt von Managern aus der Wirtschaft und sozialen Einrichtungen.

Es muss mehr für traumatisierte Menschen getan werden

Und was bleibt zu tun für die nächsten 20 Jahre? „Wir brauchen eine klare Regelung, dass Menschen nach traumatischen Erfahrungen überall Begleitung angeboten wird.", erklärt Friedegunde Bölt, Mitbegründerin des Zentrums für Psychotraumatologie. Auch seien „eindeutige Regelungen und Schutzräume für besonders schwer Betroffene" wichtig. Deshalb fordert Bölt: „Wir brauchen eine schnellere Justiz, damit die Betroffenen nicht erst in der Latenzphase der Verarbeitung befragt und dadurch retraumatisiert werden. Wir brauchen regelhaft die Videobefragung, damit sich die Betroffenen nicht dem Gerichtsverfahren aussetzen müssen.“ 

Viele weitere Informationen über die Arbeit des Traumazentrums Kassel finden Sie hier.


Quelle: Pressemitteilung des Zentrums für Psychotraumatologie Kassel e.V.