Werkstätten selbstbewusst auf Internationaler Grüner Woche
Noch bis zum Wochenende stellen Werkstätten für behinderte Menschen ihre Arbeit auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin vor. Ob Pralinen aus der Confiserie, Kaffee aus der Rösterei, Tee aus der Demeter-Gärtnerei oder Bio-Würzöle aus der Aromawerkstatt – alle Lebensmittel werden von behinderten und nichtbehinderten Menschen aus natürlichen Rohstoffen von Hand gefertigt, informiert die Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (LAG WfbM Berlin). Sie wollen damit Leistungen der Menschen in diesen Werkstätten und die Relevanz, die die Werkstätten in und für Berlin haben, einer breiten Öffentlichkeit sichtbar machen.
17 Werkstattträger sind hier organisiert. Sie bieten 10.000 Beschäftigten mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen beruflicher Qualifikation, individueller Förderung oder einen Arbeitsort im geschützten Rahmen. Auftrag ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben. In der Lebensmittelbranche und dem Garten- und Landschaftsbau der ausstellenden Werkstätten (WfbM) sind über 700 Menschen mit Behinderung beschäftigt.
Auf der Grünen Woche präsentieren sich die Werkstätten zugleich als wirtschaftlich erfolgreiche und innovative Unternehmen mit einer enormen Angebotsbreite. Nach Angaben der LAG WfbM Berlin wird von ihnen ein jährlicher Gesamtumsatz von mehr als 35 Millionen Euro erreicht. Seit vielen Jahrzehnten agieren die Werkstätten als zuverlässiger und beständiger Partner in der Region Berlin, so Bettina Neuhaus, Geschäftsführerin der LAG WfbM. Sie betont die gute Verankerung im sozialen und wirtschaftlichen Umfeld. Die Werkstätten unterlägen den üblichen unternehmerischen Standards, weil sie mit ihren Angeboten und Leistungen innerhalb des allgemeinen Wirtschaftsmarkts agierten.
Dennoch sehen sich Werkstätten vor allem vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention zunehmend Diskussion über ihre eigene Zukunft ausgesezt. Sie werden als Sonderwege hinterfragt, mit dem Bundesteilhabegesetz kommen Alternativen nicht nur ins Gespräch, sondern auch in die Umsetzung.
Zukünftige WfbM-Rolle(n)?
Bettina Neuhaus macht sich stark für eine differenzierte Sicht auf die Zukunft - mit den Werkstätten: "Die berufliche Bildung in den Werkstätten orientiert sich an klassischen Modellen des Bildungssystems und an anerkannten Ausbildungsberufen. So gewährleisten sie Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit in andere Bildungs- und Arbeitseinrichtungen. In Kooperation mit externen Partnern aus Industrie, Handwerk und Dienstleistung ist es möglich, eine berufliche Laufbahn außerhalb der Werkstatt zu planen und umzusetzen. Die Absolventen des zweijährigen Berufsbildungsbereiches erhalten einen Nachweis über ihre Qualifikation. Potentielle Arbeitgeber können so erkennen, über welche theoretischen und praktischen Kompetenzen sie verfügen. Dafür braucht es aber auch gute Rahmenbedingungen und einen Arbeitsmarkt, der diesem Personenkreis aufgeschlossen gegenüber steht."
Die LAG WfbM Berlin fordert deshalb eine nachhaltige Begleitung der Werkstattbeschäftigten für den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, die Vorbereitung, Stellensuche und Betreuung in den ersten Arbeitsmonaten in einer Hand vereint und so den Wechsel für die Beschäftigten vereinfacht. Wichtig für eine langfristige Sicherung der Arbeitsplätze sei auch, Ansprechpersonen und Begleitung für Arbeitgeber anzubieten.
Zugleich setzt sich die LAG WfbM Berlin dafür ein, dass Werkstätten für Menschen mit Behinderungen auch gesellschaftlich als gleichberechtigter Teil der Arbeitswelt anerkannt werden. Neuhaus erläutert: "Oft erleben wir aber auch, dass Menschen in den Werkstätten eine Perspektive gefunden haben, die sich ansonsten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht geboten hat. Sie erleben ihre Werkstatt als Teil der Arbeitswelt und als den Ort, an dem sie sich entsprechend ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten entwickeln können. Sie identifizieren sich mit ihrer Arbeit, da sie „einfach gute Arbeit“ leisten.
Quelle: u.a. Presseinformation der LAG WfbM, Eigenbeitrag