Kompass für die Kita-Zeit
Ein neuer Leitfaden zeigt, wie die Zusammenarbeit von Eltern mit Kinder-tagesstätten und Kindertagespflegestellen gelingen kann
Der Kita-Ausbau in Deutschland kommt inzwischen schnell voran, doch Kritiker befürchten, dass die Qualität dabei nicht Schritt halten kann. Wissenschaftler und Praktiker aus dem frühpädagogischen Bereich haben nun im Auftrag der Vodafone Stiftung und der Karl Kübel Stiftung einen Leitfaden mit Qualitätsgrundsätzen erarbeitet, die in jeder Kindertageseinrichtung und Kindertagespflegestelle umgesetzt werden können. Dabei konzentrieren sich die Vorschläge auf die Zusammenarbeit mit Eltern als eine der zentralen Voraussetzungen für eine qualitätsvolle Betreuung und Bildungsbegleitung von Kindern. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig betont in ihrem Vorwort zu dieser Publikation: „Wie eine Kindertageseinrichtung oder eine Tagesmutter mit den Eltern der Kinder zusammenarbeitet, ist eine der wichtigsten Qualitätsfragen in der Kindertagesbetreuung überhaupt.“ Schwesig trifft sich am 6. November mit den zuständigen Ministern aus Bund und Ländern zu einer Konferenz über die Qualität früher Bildung. „Wir hoffen, dass der neue Leitfaden hier bereits aufgegriffen und dann in vielen Kitas und Kindertagespflegestellen genutzt wird“, so Dr. Mark Speich von der Vodafone Stiftung, „denn er soll möglichst vielen Eltern, Erziehern und Tagesmüttern als Kompass für die gemeinsame Zeit dienen.“ Immer mehr Kindertagesstätten ringen mit der Herausforderung, wie sie eine zunehmend heterogene Elternschaft ansprechen und einbinden können. „Gleichzeitig sind sich viele Eltern unsicher, wie sie sich in die Kita-Erziehung einbringen können und sollen“, so Daniela Kobelt Neuhaus von der Karl Kübel Stiftung. „Der Leitfaden will beide Seiten dabei unterstützen, gut zusammenzuarbeiten“, so Kobelt Neuhaus weiter, „um die Bildungs- und Entwicklungschancen der Kinder zu verbessern.“ Es handelt sich dabei nicht um eine Auflistung zusätzlicher Aufgaben, die aufwendig oder gar teuer sind. Vielmehr bietet der Leitfaden eine Übersicht leicht umsetzbarer Vorschläge und in der Praxis erprobter Handlungsempfehlungen für alle Stationen der Kita-Zeit – vom Erstkontakt über die Eingewöhnungsphase und die tägliche Zusammenarbeit bis hin zur Einbeziehung des Lebensumfeldes der Kita und Kindertagespflegestelle. Schon beim Erstkontakt mit Familien gilt es, die Eltern als Experten für ihr Kind wahrzunehmen. Sie berichten über den Entwicklungsverlauf des Kindes, über familiäre Besonderheiten, die beispielsweise Ess- oder Schlafgewohnheiten betreffen, aber auch über Spiele, die das Kind besonders gern spielt. Zugleich sollten von Anfang an die Rollenerwartungen zwischen Betreuungspersonen und Eltern geklärt werden.Dabei sollte eine klare, offene Kommunikation vereinbart werden, um zwischen den familiären Vorstellungen und den pädagogischen Zielsetzungen der Kita zu vermitteln. In der Eingewöhnungsphase kann die anfängliche Kommunikation mit den Eltern sowie ihr Einfinden in die Abläufe der Einrichtung erleichtert werden, wenn ein schriftliches Eingewöhnungskonzept mit Bildern und knappen Texten in allen einrichtungsrelevanten Sprachen vorliegt. Kinder aber auch Eltern gewöhnen sich zudem schneller an die neue Betreuungssituation, wenn es ein tägliches Einstiegsritual gibt. Einem Kind kann es darüber hinaus helfen, wenn seine Familie einen festen Platz in der Einrichtung hat, zum Beispiel durch ein Familienfoto am Schlafplatz des Kindes oder eine sogenannte Familienschatzkiste, also eine kleine Box, in der sich beispielsweise ein kleines Geschenk der großen Schwester befindet oder ein Tuch der Mutter, auf das das Kind zurückgreifen kann, wenn es Heimweh hat. In der alltäglichen Zusammenarbeit ist es entscheidend, dass sich Eltern und Erzieher oder Kindertagespflegepersonen regelmäßig und informell über die Erlebnisse und Entwicklungsschritte des Kindes austauschen. Dabei sollten die Formen des Austauschs an die individuellen Kommunikationsbedürfnisse der Eltern angepasst werden: Ein Teil der Eltern bevorzugt persönliche Gespräche, andere finden die Nutzung digitaler Medien einfacher oder hinterlegen lieber eine Mitteilung in einem Eltern-Postfach in der Einrichtung. Sprachbarrieren sollten keine Kommunikation verhindern: Oftmals sind mehrsprachige Eltern gerne bereit, bei Übersetzungen zu helfen. Kitas können Eltern zudem ermutigen, sich untereinander zu vernetzen und gegenseitig zu unterstützen. Schließlich sollte auch die Gesamt-Elternschaft in das Kita-Leben eingebunden werden, beispielsweise über einen Elternbeirat oder indem Eltern ihre vielfältigen Kompetenzen einbringen. Die Einbindung anderer Einrichtungen aus dem Stadtteil oder der Gemeinde können den Kita-Alltag und die Bildungserlebnisse der Kinder deutlich bereichern. Hierzu gehören beispielsweise Kooperationen mit Mehrgenerationenhäusern, Volkshochschulen und Bibliotheken ebenso wie gemeinsame Besuche bei der Feuerwache, im Museum oder einer Bäckerei. Eine Zusammenarbeit mit den örtlichen Grundschulen erleichtert den Kindern später den Übergang in die Schule. Die enge Vernetzung der Akteure im Sozialraum kann Eltern auch bei der Suche nach Kinderärzten, Sportvereinen, Musik-schulen oder Unterstützungsangeboten helfen. „Eine Zusammenarbeit mit Familien hat vielfältige Facetten und die ‚Grundprinzipien‘ für eine gelingende und erfolgreiche Zusammenarbeit sind pädagogischen Fachkräften theoretisch klar“, fasst André Borgmann, Kita-Leiter aus Berlin zusammen, „aber in der täglichen Praxis wird dieses Wissen dann mitunter doch nicht beherzigt. Deshalb kann es sehr hilfreich sein, sie auf einem großen Poster im Eingangsbereich der Kita aufzuhängen – als Kompass für unser tägliches Miteinander.“ Der ausführliche Leitfaden und ein Übersichtsposter für Eltern werden großflächig an Kindertagesstätten und Kindertagespflegestellen in ganz Deutschland verschickt und stehen ab kostenfrei im Internet zum Download bereit. Eine für den online Gebrauch angepasst Infografik finden Sie hier ebenfalls: www.vodafone-stiftung.de und www.kkstiftung.de.
Quelle: Pressemitteilung der Vodafone Stiftung und der Karl Kübel Stiftung vom 29.09.2014