Memorandum: Faire und sorgfältige Asylverfahren in Deutschland
Ein Zusammenschluss von zwölf Wohlfahrtsverbänden, Anwalts- und Richtervereinigungen sowie Menschenrechtsorganisationen hat in Berlin die Studie „Memorandum für faire und sorgfältige Asylverfahren in Deutschland“ veröffentlicht. Das Bündnis begrüßt eine zügige Bearbeitung der Asylanträge. Qualität müsse dabei jedoch vor Schnelligkeit gehen.
Das Bündnis fordert in dem vorgelegten Memorandum eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität bei Asylentscheidungen:
Personenidentität von Anhörern und Entscheidern, sorgfältige Anhörungen mit genauer Sachverhaltsaufklärung, ausreichende Schulungen von neu eingestellten Dolmetschern und Mitarbeitenden des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie den massiven Ausbau des Qualifizierungszentrums und einer strukturellen Qualitätssicherung, auch schon vor Ort in den Außenstellen des BAMF, mit dem Auftrag, fehlerhafte Entscheidungen zu korrigieren.
Im Zentrum der Kritik stehen vor allem die oft mangelnde Aufklärung der Fluchtgründe während der Anhörung, die inzwischen flächendeckend eingeführte Trennung von Anhörung und Entscheidung im Asylverfahren und die zu geringen Standards bei der Einstellung und Schulung von neuen Anhörern und Dolmetschern.
Darüber hinaus gäbe der fehlende Zugang von Informationen für die Asylsuchenden zu Beginn des Verfahrens, die es ihnen ermöglichen, ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen, Grund zur Besorgnis.
Die Vorgabe der Bundesregierung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), bis zum Wahljahr 2017 mehr als eine halbe Million anhängiger Asylanträge abzuarbeiten, habe zu einer fehlerträchtigen Entscheidungshektik geführt, kritisiert das Bündnis. Die Entscheidungen des Bundesinnenministeriums – wie der Wegfall des schriftlichen Verfahrens oder die Wiederaufnahme der Dublin-Prüfungen für Syrer, aber auch der Verzicht auf eine Altfallregelung – hätten bestehende Defizite weiter verschärft.
Bis das Bundesamt eine nennenswerte Qualitätskontrolle etabliert habe, seien die Betroffenen derzeit allein auf die Verwaltungsgerichte als Korrekturinstanz angewiesen, die derzeit im Akkord fehlerhafte Entscheidungen aufheben müssten. Ein Widerspruchsverfahren sei im deutschen Asylrecht nicht vorgesehen. Die Verwaltungsgerichte wurden jedoch im Gegensatz zum Bundesamt nicht gleichermaßen aufgestockt, so dass es zu weiteren Verfahrensverzögerungen kommen werde. Ebenso sind auch die Kapazitäten von Rechtsanwälten im Asylrecht und von Asylverfahrensberatern nahezu ausgeschöpft, eine flächendeckende unabhängige Rechtsberatung Asylsuchender vor allem in ländlichen Gebieten könne nicht gewährleistet werden, sodass nicht alle Betroffenen Rechtsmittel erfolgreich durchsetzen können.
Quelle: ProAsyl-Pressemitteilung vom 30. November 2016