Metastudie zur Kinderarmut zeigt lebenslange Folgen
Erkenntnisse deutscher Studien der vergangenen 20 Jahre bündelt die aktuelle Studie „Armutsfolgen für Kinder und Jugendliche”, die kurz vor dem Internationalen Kindertag ein großes Medienecho auslöste und nicht wenige soziale Organisationen zu eigenen verstärkenden oder konkretisierenden Verlautbarungen und Forderungen veranlasste. Zur Kernbotschaft der Metastudie, die Claudia Laubstein, Gerda Holz und Nadine Seddig vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) in Frankfurt am Main für die Bertelsmann Stiftung verfasst haben, sagt das ISS: Je länger Kinder in Armut leben, desto negativer sind die Folgen für ihre Entwicklung und ihre Bildungschancen. Sie haben häufig kein eigenes Zimmer, keinen Rückzugsort für Schularbeiten, essen kaum oder gar kein Obst und Gemüse. Verglichen mit Kindern in gesicherten Einkommensverhältnissen sind arme Kinder häufiger sozial isoliert, gesundheitlich beeinträchtigt und ihre gesamte Bildungsbiografie ist deutlich belasteter.Fast zwei Millionen Kinder in Deutschland wachsen in Familien auf, die von staatlicher Grundsicherung leben, so teilt die Bertelsmann-Stiftung in ihrer Zusammenfassung der Studienergebnisse mit: 14,7 Prozent der unter 18-Jährigen sind 2015 im Bundesdurchschnitt auf Hartz IV angewiesen. Dieser Anteil ist leicht gestiegen, im Jahr 2011 waren es 14,3 Prozent. Besonders betroffen von Armut sind Kinder in zwei Familienkonstellationen: Von allen Minderjährigen in staatlicher Grundsicherung lebt die Hälfte in alleinerziehenden Familien und entwas mehr als ein Drittel (36 Prozent) in Familien mit drei und mehr Kindern.
Die Mehrheit der Kinder in Hartz IV wachse über einen längeren Zeitraum in Armut auf. Von den betroffenen Kindern im Alter von sieben bis unter 15 Jahren bezogen 57,2 Prozent drei und mehr Jahre lang Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II).
Bundesweit nehme die Kinderarmut zu, doch es gebe regionale Unterschiede, wie die Bertelsmann-Stiftung mitteilt:
- In Ostdeutschland sinkt die Quote zwar auf 21,6 Prozent, bleibt aber auf hohem Niveau
(2011: 24 Prozent). Im Westen ist die Quote 2015 mit 13,2 Prozent höher als 2011 (12,4 Prozent). - In neun von 16 Bundesländern ist der Anteil von Kindern in staatlicher Grundsicherung zwischen 2011 und 2015 gestiegen. Am stärksten wächst die Quote in Bremen (+2,8 Prozentpunkte), im Saarland (+2,6 Prozentpunkte) und in Nordrhein-Westfalen (+1,6 Prozentpunkte).
- Auch in den Bundesländern mit den niedrigsten Quoten wuchs die Kinderarmut. So in Bayern (+0,4 Prozentpunkte), Baden-Württemberg (+0,5 Prozentpunkte) und Rheinland-Pfalz (+0,9 Prozentpunkte).
- Die höchsten SGB-II-Quoten bei unter 18-Jährigen sind 2015 in Städten zu beobachten, wie zum Beispiel in Bremerhaven (40,5 %), Gelsenkirchen (38,5 %), Offenbach (34,5 %), Halle (33,4 %), Essen (32,6 %) oder Berlin (32,2 %).
Quelle: Presseinformationen von Bertelsmann-Stiftung/ISS/Diakonie Deutschland vom 12. September 2016, BDH-Pressemitteilung vom 13. September 2016