Migrationshintergrund erschwert Suche nach Ausbildungsplatz
Für viele der 450.000 Ausbildungsbetriebe ist die Ausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Normalität geworden. Es gibt aber auch starke Vorbehalte. Aus Sorge vor Sprachbarrieren oder kulturellen Unterschieden haben 60 Prozent der Betriebe noch nie einen Azubi mit ausländischen Wurzeln eingestellt.
Ein Migrationshintergrund erschwert Schulabgängern die Suche nach einem Ausbildungsplatz. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Unternehmensbefragung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Derzeit bilden knapp 70.000 Unternehmen einen oder mehrere Jugendliche mit Migrationshintergrund aus. Das sind rund 15 Prozent aller Ausbildungsbetriebe in Deutschland. Für diese Betriebe sind Auszubildende mit ausländischen Wurzeln längst selbstverständlich. 60 Prozent der Betriebe hingegen haben noch nie einem Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine Ausbildungsstelle gegeben. Als Grund, bislang niemanden mit Migrationshintergrund auszubilden, geben die Unternehmen am häufigsten an, keine Bewerbungen von diesen Jugendlichen zu erhalten (74,8 Prozent). Die Studienautoren Prof. Ruth Enggruber und Prof. Josef Rützel halten diese Begründung für wenig plausibel, da andere Befragungen ergeben, dass gerade diese Jugendlichen sich bei besonders vielen Betrieben bewerben. Offensichtlich seien auf Seiten etlicher Betriebe Vorbehalte vorhanden, die Jugendlichen mit Migrationshintergrund die Suche nach einem Ausbildungsplatz erschwerten. So finden selbst 71 Prozent der Bewerber mit Migrationshintergrund, die einen mittleren Bildungsabschluss haben, keinen Ausbildungsplatz. "Mehr als ein Viertel der Jugendlichen hat heute ausländische Wurzeln. Ihnen den Zugang zu Ausbildung zu vereinfachen, ist wesentlich für gelingende Integration und Fachkräftesicherung", sagte Frank Frick, Bildungsexperte der Bertelsmann Stiftung.Sorge vor Sprachbarrieren und kulturellen Unterschieden
Gegen die Einstellung von Azubis mit ausländischen Wurzeln sprechen nach Angaben der Unternehmen die Sorge vor Sprachbarrieren (38 Prozent) und kulturellen Unterschieden (14,7 Prozent). Nur ein geringer Teil der Betriebe befürchtet schlechtere Leistungen bei diesen Jugendlichen (9,1 Prozent). Zwei Drittel (66,8 Prozent) der Unternehmen wünschen sich mehr Transparenz darüber, wo Unterstützungsleistungen wie etwa Sprachkurse beantragt werden können. Die Befragung zeigt auch: Der Großteil (75,3 Prozent) der Betriebe, die bereits Jugendliche mit Migrationshintergrund ausbilden, betrachtet das als selbstverständlich und bildet erfolgreich aus. Eine ausländische Herkunft ist für diese Betriebe offensichtlich kein Kriterium bei der Auswahl eines Bewerbers. Vor allem zuverlässig sollen die Auszubildenden sein und eine hohe Leistungsbereitschaft mitbringen. Um allen Jugendlichen in Deutschland bessere Perspektiven für eine Berufsausbildung und eine gute Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, spricht sich Frank Frick für eine staatliche Ausbildungsgarantie aus. Diese fordert die Bertelsmann Stiftung bereits seit einigen Jahren. Der direkte Einstieg in die Ausbildung durch die Ausbildungsgarantie verhindere demotivierende Warteschleifen im Übergangssystem und bilde junge Menschen zu den dringend benötigten Fachkräften aus.Zusatzinformationen
Daten über Betriebe, die Jugendliche mit Migrationshintergrund ausbilden, existieren bislang nur wenige. Um Informationen zum Status quo der betrieblichen Berufsausbildung von jungen Menschen mit Migrationshintergrund zu gewinnen, wurden im Auftrag der Bertelsmann Stiftung in einer repräsentativen telefonischen Erhebung durch aproxima, Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung, im Frühjahr 2014 Daten von 1.011 ausbildungsberechtigten Betrieben in Deutschland erhoben. Die Auswertung durch Prof. Ruth Enggruber und Prof. Josef Rützel ermöglicht eine Einschätzung dazu, welche Erfahrungen Unternehmen bei der Ausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sammeln und welche Faktoren diese Ausbildungsbeteiligung wesentlich bestimmen.Quelle: Pressemitteilung der Bertelsmann Stiftung vom 22.01.2015