Mortler will "Bewegung aller" für Kinder in suchtbelasteten Familien
Mehr als 400 Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland kamen gestern nach Berlin, um über den Jahresschwerpunkt der Drogenbeauftragten „Hilfe für Kinder aus suchtbelasteten Familien" zu beraten. In Deutschland wachsen knapp drei Millionen Kinder in Familien mit mindestens einem suchtkranken Elternteil auf. 2,65 Millionen Kinder sind von der Alkoholabhängigkeit ihrer Eltern betroffen. Über 60.000 Kinder haben mindestens einen opiatabhängigen Elternteil.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler: „Wir müssen den betroffenen Kindern gemeinsam helfen! Vielen von ihnen fehlt eine familiäre Basis aus Stabilität, Geborgenheit und Verlässlichkeit. Die Folgen können dramatisch sein: So ist die Gefahr, selbst einmal suchtkrank zu werden, bei diesen Kindern drei- bis viermal so hoch wie bei Kindern, deren Eltern keine Suchterkrankung haben."
In Deutschland würden betroffene Kinder noch viel zu häufig übersehen und keine Hilfe erhalten, um aus diesem Teufelskreis herauszukommen. plädierte dafür: "Hier müssen sich alle bewegen. Kommunen, Länder, Bund, aber auch Kranken- und Rentenversicherung". Ein erster Schritt sei ein funktionierendes Hilfsnetz vor Ort, also "eine ernsthafte Zusammenarbeit" von Jugendhilfe, Suchthilfe, Öffentlichem Gesundheitsdienst, Ärzten und anderen.
"Außerdem brauchen wir klare Ansprechpartner für Lehrer und Erzieher in den Kommunen", so Mortler," ich spreche gern von Lotsen. Auch der Bund ist gefragt: Er muss die Zusammenarbeit der Sozialsysteme weiter stärken. Kein Kind darf auf der Strecke bleiben, nur weil es bei der Zusammenarbeit der Kostenträger hakt."
Die Drogenbauftragte zählt eine elterliche Suchterkrankung zu den zentralen Risiken für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Sie nennt mögliche negative Auswirkungen, wie nachteilige soziodemografische Bedingungen, soziale Ausgrenzung, Vernachlässigung, instabiles Erziehungsverhalten und wenig Verlässlichkeit der Eltern, unsichere Bindung oder gar Trennung von der Eltern, Fremdunterbringung oder auch Parentifizierung der Kinder und Konflikte, Aggressivität und Gewalt in der Familie.
Bei zweidrittel der Betroffenen könne sich laut Mortler später eine Suchterkrankung oder eine andere psychische Störung entwickeln.
Damit die riskanten Einflüsse bestmöglich „abgefedert" werden, müssen individuelle und familiäre Schutzfaktoren gefördert werden. Die Risiken für die betroffenen Kinder lassen sich durch vielfältige Präventionsmaßnahmen reduzieren, die sich entweder direkt an die Kinder, die Eltern oder die gesamte Familie richten können.
Auch ein Sonderkapitel des diesjährigen Drogen- und Suchtberichtes hatte sich gezielt der Situation von Kindern suchtbelasteter Familien gewidmet. Das Bundesministerium für Gesundheit fördert das Projekt KidKit networks, welches Kindern suchtbelasteter Eltern bundesweit ermöglicht, online geeignete Hilfe zu finden.
Weitere Informationen zum Thema: www.drogenbeauftragte.de/themen/drogenpolitik/kinder-aus-suchtbelasteten-familien
Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 19. Juni 2017