Niedersachsens Pflegekräfte lehnen Zwangskammer und Pflichtbeitrag mehrheitlich ab
Evaluationsstudie des Niedersächsischen Sozialministeriums belegt: Mehrheit der befragten Pflegekräfte lehnt eine Zwangs-Pflegekammer mit Pflichtbeiträgen über 5 bis 9 Euro/Monat ab
Im Auftrag des Niedersächsischen Sozialministeriums hatte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap 1.039 examinierte Pflegekräfte zwischen Dezember 2012 und Januar 2013 zu ihrer Meinung über die Einführung einer Pflegekammer befragt. Nur ein Drittel der Befragten war über das Thema Pflegekammer bereits informiert. Die Option einer Pflegekammer für Niedersachsen ist verbunden mit der Zwangsmitgliedschaft aller Pflegefachkräfte in Niedersachsen und deren Pflichtbeitrag zur Finanzierung. Die Aufgaben der Pflegekammer sind noch nicht festgelegt. Die Haltung zur Einrichtung einer Pflegekammer wird laut Studie wesentlich dadurch geprägt, ob sie mit einer Pflichtmitgliedschaft und Zwangsbeiträgen verbunden ist oder nicht. Altenpflegefachkräfte lehnen die Pflegekammer deutlich häufiger ab als Krankenpflegekräfte. Knapp die Hälfte der Befragten (47%) lehnt eine Pflichtmitgliedschaft mit Zwangsbeitrag ab. Legt man den von Befürwortern einer Pflegekammer als realistisch angenommenen Beitrag von 12 € pro Monat zugrunde, wären nach der vorliegenden Studie 59% der Pflegefachkräfte gegen die Einrichtung einer Pflegekammer in Niedersachsen. Jede vierte befragte Pflegekraft (24%) lehnt jegliche Beitragszahlung ab und 35% der übrigen befragten Pflegefachkräfte würden höchstens einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von max. 5 bis 9 € akzeptieren. Etwa 67% der befragten Pflegekräfte sprechen sich solange für eine Kammer aus wie diese sie nicht zur Mitgliedschaft mit Beitrag verpflichtet, was Voraussetzung des Kammerwesens in Deutschland ist. „Ein solches Ergebnis birgt enormes Konfliktpotential bei Einrichtung einer Pflegekammer in Niedersachsen“, so Henning Steinhoff, Leiter der bpa-Landesgeschäftsstelle Niedersachsen. „Fehlende Transparenz über die Aufgaben einer Kammer schüren Hoffnungen, die mit deren Zuständigkeit in der Realität aber wenig zu tun haben. Viele Pflegefachkräfte haben trotzdem klar votiert, sie wollen selbst entscheiden, wer sie und ihren Berufsstand gegenüber der Politik und Öffentlichkeit vertritt. Zu erwarten ist, dass sie sich gegen die auch juristisch fragwürdige Zwangsmitgliedschaft in einer Kammer mit Rechtsmitteln zur Wehr setzen werden. Allein diese ‚Klagewelle‘ wird die Kosten der Kammer und damit der Zwangsbeiträge noch weiter in die Höhe treiben, ohne dass bisher die Kosten für ein Versorgungswerk, wie es bei den anderen Kammern üblich ist, berücksichtigt wurden“, so Steinhoff weiter. Der bpa fordert die neue Landesregierung und die Landtagsabgeordneten auf, die Ergebnisse der Studie zudem im Lichte des vorliegenden Rechtsgutachtens von Rechtsanwalt Deter zu bewerten. Gemessen an den nur sehr begrenzten Aufgaben einer Pflegekammer wäre ihre Einführung danach mit „unverhältnismäßigen Mehrkosten“ sowohl für das Land als auch die Zahl der vollbeitragspflichtigen Zwangsmitglieder verbunden. Sämtliche von den Befürwortern ins Feld geführten Aufgaben einer Kammer sind nach dem Rechtsgutachten bereits anderweitig abschließend geregelt. „Nimmt man den Willen der Pflegekräfte ernst und wägt man Kosten und Nutzen einer Zwangskammer für Pflegefachkräfte objektiv gegeneinander ab, dürfte die Entscheidung des Gesetzgebers in Niedersachsen eindeutig ausfallen“, so abschließend Karsten Neumann, Vorsitzender der bpa-Landesgruppe Niedersachsen.Quelle: Pressemitteilung des bpa - Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. vom 22.03.2013