Pflege-Thermometer 2016: Ambulante Pflege ist weiter Wachstumsmarkt

dip: Die Hälfte der Leitungskräfte blickt trotz deutlichem Fachkräftemangel und partizieller Unterfinanzierung optimistisch in die Zukunft

Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. (dip) veröffentlicht mit dem Pflege-Thermometer 2016 die bislang größte Befragung zur Situation der ambulanten Pflege in Deutschland. Es hat dazu in einer bundesweiten und repräsentativen Studie 1.653 Leitungskräfte aus der ambulanten Pflege befragt. Die Ergebnisse zeigen die Herausforderungen, vor denen der ambulante Sektor steht, so das gemeinnützige Kölner Institut: Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen, der ambulanten Einrichtungen sowie des dort beschäftigten Personals steigen in den vergangenen Jahren in allen Bundesländern deutlich an. Die verantwortlichen Personen jedes zweiten Dienstes blicken tendenziell optimistisch in die weitere Zukunft. Sie planen einen Ausbau, indem sie die Zahl der Klienten steigern sowie mehr Personal beschäftigten möchten. Limitierend wirke dabei allerdings der Fachkräftemangel. „Die Studie offenbart erhebliche Lücken im Personalbereich. Wir müssen einen gravierenden Fachkräftemangel in der ambulanten Pflege feststellen“, sagte Studienleiter Prof. Dr. Michael Isfort. Aktuell existieren, je nach Modellberechnungen, für dreijährig ausgebildete Fachkräfte zwischen 21.200 und bis zu 37.200 offene und derzeit nicht zu besetzende Stellen. Der Fachkräftemangel sei dabei bereits versorgungsrelevant, denn rund ein Drittel der befragten Dienste musste im vergangenen Jahr Klientenanfragen aufgrund von Personalmangel ablehnen. Weiterhin stellen nach Ergebnissen der Studie nicht kostendeckende Leistungen ein finanzielles Risiko für die Einrichtungen dar. Unterfinanziert sind danach insbesondere erhöhte Betreuungszeiten in Krisensituationen und bei der Sterbebegleitung, Anfahrtswege von mehr als 25 Minuten sowie Beratungsbesuche, die im Rahmen der Pflegeversicherung vorgeschrieben sind (Paragraph 37 Absatz 3 SGB XI). „Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um einen Betrug in Milliardenhöhe durch einige wenige kriminelle ambulante Dienste gewinnt dies an Bedeutung, denn die Gelder fehlen an anderer Stelle und bei den zahlreichen Diensten, die für eine gute Versorgung einstehen“,so Isfort. Fast 30 Prozent der Studienteilnehmer nehmen Lücken bei der flächendeckenden Versorgung an ambulanten Leistungen in ihrer Region wahr. Zudem können derzeit über 40 Prozent der Dienste nach eigenen Aussagen eine Mitarbeit an weiterführenden quartiersbezogenen und gemeinwesenorientierten Ansätzen nicht leisten, da sie vollständig in das Tagesgeschäft eingebunden sind. Isfort sieht es angesichts der Studienergebnisse als dringend geboten, die Pflegeausbildung und Bildungsplanung zu stärken, die Teilzeitquote in der ambulanten Pflege zu reduzieren, Leistungszuschläge aufzunehmen sowie die Netzwerkarbeit strukturiert zu beförder.  Die Studie „Pflege-Thermometer 2016" wurde von der B. Braun-Stiftung gefördert und vom Pflegelotsen des Verbandes der Ersatzkassen unterstützt. Sie kann kostenfrei heruntergeladen werden unter www.dip.de

Quelle: dip-Pressemitteilung vom 29. April 2016