„Psychisch kranke Menschen sind häufiger Opfer als Täter“
Menschen mit psychischen Erkrankungen werden durch die Debatte über angeblich von Geflüchteten ausgehende Gefahren unter Generalverdacht gestellt. Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB) kritisiert dies scharf und fordert einen verantwortungsvollen und differenzierten Umgang mit der Thematik.
Eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag verknüpft Ängste vor Geflüchteten mit einer angeblichen, unberechenbaren Gewaltbereitschaft, die von psychisch kranken und traumatisierten Flüchtlingen ausgehen soll. Nach Einschätzung der Diakonie Deutschland und des Bundesverbandes evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB) dient diese Anfrage nicht einer besseren Politik für die Betroffenen, sondern verstärkt Vorurteile gegenüber hilfebedürftigen Menschen.
„Die Herkunft von Menschen und möglicherweise daraus folgende Risiken spielen für eine Behandlung keine Rolle,“ sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. „Ob jemand als Gefährder eingestuft wird, ist nicht Sache von Psychiatern, sondern Aufgabe der Polizei. Wird jemand als Gefährder eingestuft und eine psychische Erkrankung angenommen, muss die Polizei mit der forensischen Psychiatrie zusammenarbeiten“, so Loheide weiter.
„Psychisch kranke Menschen sind weit öfter Opfer als Täter“, erläutert der BeBVorsitzende Uwe Mletzko. „Es darf nicht sein, dass hier ein pauschaler Zusammenhang hergestellt und psychische Erkrankung automatisch mit einer drohenden Gefahr für unsere Gesellschaft assoziiert wird. Diese Menschen brauchen unsere Solidarität und ein funktionierendes System der Versorgung und Rehabilitation.“ Sicherlich gibt es psychisch kranke Flüchtlinge, die infolge von Kriegserfahrungen oder den Umständen ihrer Flucht traumatisiert sind. Sie benötigen aber bestmögliche Unterstützung und Hilfe, nicht Ausgrenzung, erklären beide. Daher sei es wichtig, dass sie Zugang zu psychiatrischen und psychotherapeutischen Angeboten haben.
Erst vor wenigen Wochen hatte eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag nach dem Anteil psychisch kranker Menschen mit Erwerbsminderungsrente gefragt, deren Arbeits- bzw. Leistungsfähigkeit und den volkswirtschaftlichen Verlusten, die dadurch entstehen. Und bereits im vergangenen Jahr wurde in einer Kleinen Anfrage ein abwegiger Zusammenhang zwischen Inzucht, Migration und Behinderung hergestellt. Diakonie Deutschland und Bundesverband evangelische Behindertenhilfe
stellen sich entschieden gegen diese Versuche, die Schwächsten in der Gesellschaft in den Fokus zu nehmen und gegeneinander auszuspielen.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe (BeB) vom 15.11.2019