Rettet die Altenpflege vor ihren ‚Rettern‘

20.03.2013 | Altenhilfe | Nachrichten

Nach einer jahrelangen Diskussion in der Fachwelt über den zukünftigen Zuschnitt der Ausbildung für die professionelle Pflege und einer deutlichen Aussage für eine Zusammenführung im Sinne einer generalistischen Ausbildung, hat eine Bund-Länder- Arbeitsgruppe diese Idee im Eckpunktepapier aufgegriffen. Hätte die Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag eingehalten, wäre die Generalistik bereits Gesetz. Nun tauchen plötzlich altbekannte und neue Gegner auf und versuchen Staub aufzuwirbeln, um politisch eine Kehrtwende zu erreichen. Die Sachlage hat sich in den beiden letzten Jahren nicht verändert. Im Gegenteil, es liegen weitere Erkenntnisse vor, die die Argumente für eine generalistische Ausbildung bestätigen. Es ist zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, dass Leitungen von Altenpflegeschulen Zukunftsängste haben. Es ist ebenso nachvollziehbar, wenn einzelne Arbeitgeberverbände das bestehende Ausbildungsmodell vorziehen, denn dieses erlaubt schon während der Ausbildung einen hohen Teil an Arbeitsleistung der Schüler/innen. Diese sind nach der Ausbildung rasch in der Arbeitsroutine und sie haben wenig berufliche Alternativen, können also bei schlechten Rahmenbedingungen nicht so einfach aussteigen. Diese Haltung stellt aber gesamtgesellschaftlich ein großes Risiko für die pflegerische Versorgung der Menschen in Deutschland dar. Der demographische und epidemiologische Wandel werden tiefgreifende Veränderungen in der Versorgung bei Pflegebedürftigkeit und Krankheit sowie deren Prävention und Rehabilitation erzwingen. Dafür muss die Qualifizierung neu ausgerichtet werden. Keine der drei heute bestehenden Ausbildungen nach Alten- bzw. Krankenpflegegesetz ist entsprechend ausgestaltet. Deshalb tritt der Deutsche Pflegerat e.V. (DPR) für einen neuen Pflegeberuf ein, der die Stärken der bestehenden Berufe zusammenführt. Die Ausbildung für diesen neuen Beruf muss sich vom Paradigma des Fakten- und Technikenlernens verabschieden. Qualifizierte Pflegende der Zukunft sollen im Gegensatz zu heute ihren Beruf möglichst lebenslang ausüben. Um sie im Beruf zu halten, braucht es gute Rahmenbedingungen, aber auch flexible Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten.
Die Sorge, es würde sich niemand nach einer generalistischen Ausbildung für die Altenhilfe entscheiden, ist nach Auffassung des DPR unbegründet. Auch heute sind etwa ein Drittel der Pflegefachkräfte in Pflegeeinrichtungen Gesundheits- und Krankenpfleger/innen. Die Möglichkeit, in verschiedenen Lebensabschnitten ohne Hürden - oder im internationalen Kontext ohne bürokratische Hemmnisse - in sehr unterschiedlichen Bereichen arbeiten zu können, macht die Attraktivität gerade der heutigen Gesundheits- und Krankenpflege aus. Eine Beibehaltung der gegenwärtigen Dreigliederung der Berufsausbildung vor dem Hintergrund der genannten Veränderungen bringt für Menschen, die Pflege benötigen, nur Nachteile. Wegen der veränderten Anforderungen muss die Professionalisierung der Pflegeberufe fortschreiten und dies umfasst u.a. auch eine akademische Ausbildung. Die Mischung aus steigenden quantitativen Anforderungen und zunehmendem Fachpersonenmangel in der Pflege birgt das Risiko, dass die Altenpflegeausbildung – sollte sie weiterbestehen – vom Professionalisierungsprozess abgehängt wird. Im schlimmsten Fall bildet sich eine Hierarchisierung der verschiedenen Pflegeberufe zum Nachteil der Altenpflege heraus. Der Deutsche Pflegerat setzt sich für eine generalistische Ausbildung in der Pflege ein, die innerhalb der Europäischen Union zur automatischen Anerkennung berechtigt und eine Schwerpunktbildung zulässt. Der DPR sieht den Handlungsbedarf in einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive. Er vertritt die Interessen der professionell Pflegenden im gesamten Spektrum beruflicher Handlungsfelder. Die Generalistenverbände im DPR zählen zu ihren Mitgliedern eine nicht unerhebliche Zahl von Altenpfleger/innen.


Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Pflegerates vom 20.03.2013
www.deutscher-pflegerat.de