Schlechte menschenrechtliche Noten für deutsches Schulwesen - Monitoring gefordert
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat untersucht, wie das Menschenrecht auf Bildung im deutschen Schulsystem umgesetzt wird. Dafür wurden Studien zum Zugang zu Bildung menschenrechtlich eingeordnet und die Schulgesetze aller Bundesländer sowie die Bildungspläne von Bayern, Berlin/Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen im Hinblick auf Diskriminierungsfreiheit analysiert. Die Ergebnisse der Studie mit Empfehlungen an verschiedene Akteure in Bund und Ländern liegen jetzt vor. Vorgestellt wurden sie gestern im Rahmen einer gemeinsamen Tagung des Deutschen Instituts für Menschenrechte und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) in Berlin. „In Deutschland wird zwar viel über Chancengleichheit in der Bildung diskutiert. Doch fehlt es an einer menschenrechtlichen Perspektive", schreiben die Autorinnen Mareike Niendorf und Sandra Reitz vom Deutschen Institut für Menschenrechte. „Wenn das deutsche Schulsystem inklusiv und diskriminierungsfrei werden soll, so, wie es Grundgesetz und Menschenrechte verlangen, muss sich Vieles im Schulwesen ändern. Dies betrifft rechtliche Regelungen genauso wie Bildungspläne, Unterrichtsmaterialien und das Schulgeschehen im Alltag." Das deutsche Schulsystem diskriminiere auf verschiedenste Weise, so die Autorinnen. Problematisch sei, wenn Kindern mit Behinderungen oder geflüchteten Kindern kein umfassender Rechtsanspruch auf den Besuch einer Regelschule eingeräumt wird. Der Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen hänge nach wie vor eng mit deren soziökonomischer Herkunft zusammen. „Der Aufbau eines transparenten und menschenrechtsbasierten Monitorings für das deutsche Schulsystem ist dringend notwendig. Die Menschenrechte verpflichten Deutschland, Diskriminierungen abzubauen. Alle an Bildung beteiligten Akteure sollten hierbei einbezogen werden“, so Mareike Niendorf, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut. Um Kinder und Jugendliche für Diskriminierung zu sensibilisieren, empfiehlt das Deutsche Institut für Menschenrechte, Unterrichtsmaterialien daraufhin zu überprüfen, ob sie stereotype oder gar abwertende Bilder und Bezeichnungen hinsichtlich Geschlecht, Herkunft, Alter, Behinderung, sexuelle Identität und Orientierung, Hautfarbe sowie Religion und Weltanschauung vermitteln. So werde etwa Migration überwiegend als Problemfall behandelt oder in Biologiebüchern nicht über Trans- und Intersexualität gesprochen. Zudem müssten Diskriminierung und Menschenrechte in Schulgesetzen, Bildungsplänen und im alltäglichen Schulgeschehen häufiger thematisiert werden. Es reiche nicht aus, bestimmte Begriffe zu vermeiden, zusätzlich müssten auch die Geschichte der Begriffe und vorhandene Diskriminierungsfaktoren und -risiken behandelt werden. Nur so könnten Vorurteile reflektiert und überwunden werden. Weitere Informationen zur Studie: Das Menschenrecht auf Bildung im deutschen Schulsystem.
Quelle: Presseinformation des Deutschen Instituts für Menschenrechte vom 29. September 2016