Schmerzpatient darf Cannabis anbauen
Bundesverwaltungsgericht verpflichtet Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Ausnahmeerlaubnis
Weil er keine gleich wirksame und bezahlbare Therapiealternative hat, soll einem 52-jährigen erwerbsunfähigen Mann mit schwerer Multipler Sklerose (MS) der Eigenanbau von Cannabis ausnahmsweise gestattet werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat gestern das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dazu verpflichtet. Das Betäubungsmittel sei für seine medizinische Versorgung notwendig. Wie das Bundesverwaltungsgericht weiter mitteilt, behandelt der Kläger seit etwa 1987 MS-Symptome mit der regelmäßigen Einnahme von Cannabis. Er stellte im Jahre 2000 beim BfArM einen Antrag zur medizinischen Selbstversorgung, den das Institut auch im Widerspruchsverfahren ablehnte. Das Bundesverwaltungsgericht hob die BfArM-Bescheide jetzt in dritter und letzter Instanz auf (BVerwG 3 C 10.14). Aus dem Bundesverwaltungsgericht heißt es dazu: „Nach Paragraph 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) kann das BfArM eine Erlaubnis zum Anbau von Cannabis nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen. Die Behandlung des schwer kranken Klägers mit selbst angebautem Cannabis liegt hier ausnahmsweise im öffentlichen Interesse, weil nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts die Einnahme von Cannabis zu einer erheblichen Linderung seiner Beschwerden führt und ihm gegenwärtig kein gleich wirksames und für ihn erschwingliches Medikament zur Verfügung steht. Der (ebenfalls erlaubnispflichtige) Erwerb von so genanntem Medizinalhanf aus der Apotheke scheidet aus Kostengründen als Therapiealternative aus. Seine Krankenkasse hat eine Kostenübernahme wiederholt abgelehnt. Eine Eigenfinanzierung ist ihm mit seiner Erwerbsunfähigkeitsrente nicht möglich. Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden, wegen der Kostenübernahme durch die Krankenkasse erneut den sozialgerichtlichen Klageweg zu beschreiten. Eine solche Klage ist ihm unter den gegebenen Umständen nicht zumutbar.“ In den Berufsverfahren wurde zudem bindend festgestellt, dass die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs hinreichend gewährleistet sei. Der Schutz in der Wohnung gegen eine unbefugte Entnahme sei ausreichend. Es gäbe auch keinerlei Hinweise auf missbräuchliche Nutzung durch den 52-Jährigen. Außerdem würden der Anbau und die Therapie unter ärztlicher Kontrolle stehen. Vorinstanzen: OVG Münster 13 A 414/11 - Urteil vom 11. Juni 2014 und VG Köln 7 K 3889/09 - Urteil vom 11. Januar 2011 Auch gesetzliche Regelung für Cannabis in der Schmerztherapie von chronisch Kranken angestrebt Das Bundesgesundheitsministerium hatte Anfang des Jahres 2016 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Es soll unter bestimmten Voraussetzungen chronisch Kranken den Zugang zur Cannabis als therapeutische Option erleichtert und auch die Kostenübernahme durch die Krankenkassen geregelt werden. Mehr InformationenQuelle: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig vom 6.4.2016; Bundesgesundheitsministerium unter www.bmg.bund.de