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Bürgerstiftungen klagen über zu viel Bürokratie

Bürgerstiftungen leisten einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung lokaler gemeinschaftlicher Projekte. In der Praxis sind sie jedoch in doppelter Hinsicht bürokratischen Hindernissen ausgesetzt, wie die Ergebnisse des Bürokratie-Barometers Bürgerstiftungen zeigen.

Bis zu zwei Drittel ihrer Engagementzeit gehe für die Bürokratie drauf, sagen Vorstände und Geschäftsführer von Bürgerstiftungen. Im Durchschnitt widmen sie die Hälfte ihrer Zeit der Erfüllung bürokratischer Vorschriften – Tendenz steigend. Das sind die Ergebnisse des Bürokratie-Barometers Bürgerstiftungen 2019 der Stiftung Aktive Bürgerschaft. Sie zeigen konkrete Handlungsbedarfe für die von der Bundesregierung angekündigte Entbürokratisierung im Ehrenamt. Für das Bürokratie-Barometer hat die Stiftung Aktive Bürgerschaft erstmals ehrenamtliche Vorstandsmitglieder sowie haupt- und ehrenamtliche Geschäftsführer der Bürgerstiftungen in Deutschland zur Bürokratiebelastung befragt.

Mehr als zwei Drittel der Vorstände und Geschäftsführer gaben in der Befragung an, der Bürokratieaufwand sei in den letzten fünf Jahren gestiegen. Zwei Drittel sind es auch, die erwarten, dass der Bürokratieaufwand im Ehrenamt in den kommenden fünf Jahren weiter steigen wird. Die anderen rechnen mit Kontinuität. Dass der Aufwand sinken wird, wagte keiner der Befragten zu hoffen.

Den meisten Ärger verursacht auch ein Jahr nach ihrer Einführung noch die Datenschutzgrundverordnung. Direkt dahinter in der "Hitliste" der Bürokratiebelastung folgt das Finanzamt bzw. Steuerfragen. In beiden Bereichen leiden Gemeinnützige darunter, dass für sie die gleichen Regelungen gelten wie für Unternehmen, ohne dass sie die Kapazitäten gewerblicher Betriebe haben, um die Anforderungen zu erfüllen. 

Entbürokratisierung - was sich Bürgerstiftungen wünschen

Was für die Vorstände und Geschäftsführer der Bürgerstiftungen bei der Entbürokratisierung im Ehrenamt relevant ist, lässt sich auf eine kurze Formel bringen: Einfache gesetzliche Regelungen, flexibel in der Anwendung und abgestuft im Geltungsbereich, klare Praxishilfen und eine finanzielle Förderung der Bürgerstiftungen durch die öffentliche Hand, um notwendige Bürokratie bewältigen zu können.

„Tatsächlich erweist der Staat den Bürgerstiftungen einen schlechten Dienst. Diese Mitmach-Stiftungen bemühen sich, die Folgen der Bürokratiebelastung für Stifter und ehrenamtlich Engagierte abzumildern“, sagt Dr. Stefan Nährlich, Geschäftsführer der Stiftung Aktive Bürgerschaft. „Über 50.000 Menschen engagieren sich bei Bürgerstiftungen. Oft bringen sie ihre eigenen Ideen und Projekte mit, die sie unter dem Dach einer Bürgerstiftung umsetzen. Die Bürgerstiftungen übernehmen dann die Verwaltungsaufgaben. Daher trifft die Bürokratiebelastung die Bürgerstiftungen doppelt: in ihrem Engagement und in ihrer Unterstützung des Engagements weiterer Menschen. Umgekehrt würde eine Entbürokratisierung auch einen doppelten positiven Effekt haben.“

CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 im Abschnitt “Stärkung der Zivilgesellschaft und des Ehrenamts” darauf verständigt, das ehrenamtliche und bürgerschaftliche Engagement herausgehoben in der Bundesregierung zu verankern und zu stärken. Unter anderem wollen sie die bestehenden Regelungen entbürokratisieren. Die Stiftung Aktive Bürgerschaft fordert die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Entbürokratisierung und Förderung des bürgerschaftlichen Engagements beherzt und weitreichend umzusetzen. Das heute veröffentlichte Bürokratie-Barometer Bürgerstiftungen verdeutlicht die Relevanz des Problems und zeigt konkrete Probleme der Praxis auf.

Beim Bürokratie-Barometer Bürgerstiftungen 2019 der Stiftung Aktive Bürgerschaft haben 139 Vorstände und Geschäftsführer aus 114 der 408 bis zum 30.6.2018 gegründeten Bürgerstiftungen den Online-Fragebogen ausgefüllt. Die Rücklaufquote liegt damit bei 28 Prozent. 


Quelle: Pressemitteilung der Stiftung Aktive Bürgerschaft vom 7.8.2019