Umsetzung von Inklusion ist kein Wunschbaum
Träger der Behindertenhilfe in Baden-Württemberg fordern mehr Unterstützung für Inklusion
Wenn das Land Baden-Württemberg kein klares und solide finanziertes Förderprogramm für den Umbau der rund zwanzig im Land befindlichen Komplexeinrichtungen auflegt, drohen viele der etwa 10.000 Menschen mit schweren geistigen und mehrfachen Behinderungen zu den Verlierern der Inklusion zu werden. Ohne die für den Aufbau gemeindeintegrierter Angebote und für die Modernisierung der bisherigen Komplexstandorte ausreichenden Fördermittel, wird das von der grün-roten Landesregierung ausgegebene Ziel, eine inklusive Gesellschaft für alle zu schaffen, auf Dauer nicht erreicht werden. Darauf weist „Die Initiative - Verband der Komplexeinrichtungen der Behindertenhilfe Baden-Württemberg“ aktuell hin. Damit Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen auch in Zukunft moderne und vielfältige Wohn-, Arbeits-, Bildungs- und Therapieangebote haben, muss die Politik ausreichend Mittel für den Aufbau und den Betrieb der personalintensiven Wohn- und Betreuungseinheiten in den Kommunen zur Verfügung stellen. Diese sollen künftig an den Zentralstandorten abgebaut werden. „Die Umsetzung von Inklusion nach dem Prinzip Wunschbaum funktioniert nicht. Es muss vielmehr realistisch betrachtet werden, was in zehn Jahren angesichts der vorhandenen finanziellen Mittel und infrastrukturellen Gegebenheiten tatsächlich geleistet werden kann“, betont Rainer Hinzen, geschäftsführender Vorstandssprecher des Verbandes „Die Initiative“ und Vorstandsvorsitzender der Diakonie Stetten. Der Verband weist deshalb darauf hin, dass sich eine Vielzahl von Menschen mit komplexen Behinderungen in Baden-Württemberg sowie ihre Angehörigen auch in Zukunft die Leistungen von modernen Komplexeinrichtungen an zentralen Standorten wünschen. Diese aufeinander abgestimmten Hilfearrangements eröffnen die benötigten Lebens- und Teilhabeperspektiven und geben eine Chance zur Rehabilitation. Um jedoch auch diese Leistungen in Zukunft weiter anbieten zu können, muss das Land den finanziellen Weg für Modernisierungen der historisch gewachsenen Standorte frei machen. Ohne diese finanziellen Hilfen werden die Komplexeinrichtungen den Auflagen der bereits vor Jahren vom Land modernisierten Heimbauverordnung nicht mehr gerecht werden können. Die Heimbauverordnung schreibt vor, dass bis spätestens im Jahr 2019 alle Gebäude den aktuellen Richtlinien entsprechen müssen. Das bedeutet unter anderem, dass es keine Doppelzimmer mehr geben wird, Zimmer mindestens 14 Quadratmetern groß sein müssen und sich jeweils nur zwei Personen ein Badezimmer teilen. „Mit der Frist bis 2019 stehen die Träger der Behindertenhilfe unter einem enormen zeitlichen Druck. Hierfür fordern wir eine längere Übergangsfrist“, sagt Rainer Hinzen. Der Verband fordert von der Landesregierung seine derzeit für freie Träger der Behindertenhilfe allgemein bereitgestellten Fördersummen zur Investivförderung in Höhe von jährlich rund 23 Mio. Euro auf rund 44 Mio. Euro pro Jahr zu erhöhen. Zur Gewährleistung eines nachhaltigen und für die betroffenen Menschen hilfreichen Umbaus der Komplexstandorte bedarf es dieser Fördermittel für eine Übergangslaufzeit von mindestens zehn Jahren. Der Ankündigung im Koalitionsvertrag, den Umbau der Komplexeinrichtungen durch entsprechende Mittel unterstützen zu wollen, sind bis heute keine Taten gefolgt. „Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass die Landesregierung die Umwandlung der Komplexeinrichtungen unterstützend begleitet. Der neu gegründete Verband setzt sich dafür ein, dass mehr finanzielle Mittel bereitgestellt werden, denn nur dann kann die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben auch gesichert werden“, so Rainer Hinzen. Die vom Verband geforderten Mittelerhöhungen entsprechen dem Fördermittelbedarf, den die baden-württembergischen Träger der Behindertenhilfe zusammen mit dem Kommunalverband für Jugend und Soziales, den Verbänden und der Landessozialpolitik in einem gemeinsamen Diskussionsprozess im Jahr 2013 ermittelt haben. „Die Initiative – Verband der Komplexeinrichtungen der Behindertenhilfe Baden-Württemberg e.V.“ ist zum Jahreswechsel 2013/2014 von zwölf traditionsreichen Groß- und Komplexeinrichtungen der Behindertenhilfe in Baden-Württemberg gegründet worden. Der Verband nimmt die Interessen von schwer- und mehrfachbehinderten Menschen sowie der Träger von Komplexeinrichtungen gegenüber der Gesellschaft, der Politik und den anderen Verbänden wahr. Zum Kreis der Mitglieder des Verbands zählen:- Diakonie Kork
- Diakonie Stetten
- Die Zieglerschen
- Evangelische Stiftung Lichtenstern
- Johannes-Diakonie Mosbach
- Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach
- LWV Eingliederungshilfe
- Mariaberg
- Sonnenhof
- St. Josefshaus Herten
- Stiftung Liebenau
- Stiftung Haus Lindenhof
Quelle: Pressemitteilung der Initiative vom 28.03.2014