Vorwärts in die Vergangenheit oder: Wer bestimmt über die Zukunft der Altenpflege?
Mit ganz wenigen Ausnahmen besteht breiter Konsens für eine Ausbildungsreform mit dem Ziel einer generalistischen Ausbildung und der berufsrechtlichen Schaffung eines zweiten Wegs in die Profession durch ein Bachelorstudium. Die Argumente dafür – und dagegen - sind bekannt und breit diskutiert. Das hat bei den Fachleuten zu dem genannten großen Konsens geführt. Kurz zusammengefasst begründet sich der Reformansatz aus den veränderten und steigenden Anforderungen bei Klienten und Versorgungssystemen, den demographischen Veränderungen und der daraus resultierenden Einsicht, dass wir heute anders und besser qualifizieren müssen, wenn wir Menschen für den Beruf gewinnen und sie dort möglichst ein Arbeitsleben lang halten wollen. Angesichts immer weiter sinkender Halbwertszeit von Wissen und Know-how ist das ein weiteres starkes Argument für eine generalistische Qualifizierung, die eher lehrt wie Wissen erworben, aktualisiert und in die Praxis umgesetzt wird, als Fakten und Techniken zu vermitteln. Ausbildung durch Einarbeitung hat ausgedient! Wir brauchen Menschen, die ihren Beruf möglichst lange ausüben können und wollen. Seit kurzem wiederholt sich ein Teil der Diskussion von vor 2003, als es darum ging, die Altenpflege als Heilberuf zu etablieren. Damals gelang es mit Hilfe es Bundesverfassungsgerichtes, einen besseren Status der Altenpflege als Heilberuf und vor allem einen bundeseinheitlichen Ausbildungsstandard zu erreichen. In den zehn Jahren seither haben sich die Anforderungen nochmals deutlich Richtung Heilberuf entwickelt. Wer heute zurück will zur sozialpflegerischen Altenpflege von vor 2003 oder in Richtung Heilerziehungspflege koppelt die Altenpflege von der Professionalisierungsdebatte in der Pflege ab und wird angesichts der demographischen Herausforderungen eine Deprofessionalisierung befördern. Mit allen negativen Konsequenzen für Kompetenz, Weiterentwicklungschancen, Status und nicht zuletzt Vergütung. Statt der von einigen befürchteten ‚Kolonialisierung der Altenpflege‘ durch die Krankenpflege würde eine Abgrenzungsdiskussion mit der Hauswirtschaft und Betreuung beginnen müssen. Auch die automatische Anschlussfähigkeit in Europa wäre weiterhin nicht gegeben. Aber vielleicht ist das ja so gewollt? Denn dadurch hätte mancher Träger und seine Vertreter und auch die bestehenden Schulen ein scheinbar leichteres Leben. Für einige Altenpfleger/innen bliebe der befürchtete Heimatverlust aus. Für die Berufsangehörigen der Altenpflege insgesamt wäre das aber ein Bärendienst. Denn die Steuerung, die Beratung und die Begutachtung lägen auf jeden Fall bei den höher qualifizierten Pflegefachpersonen einer dann generalistisch reformierten Gesundheits- und Krankenpflege. Die Sehnsucht nach der guten alten Zeit bietet im 21. Jahrhundert keine Basis für die Zukunft der Pflegenden. Es wäre für die Betroffenen besser, alle Energie in eine möglichst gute generalistische Ausbildung zu investieren, die aus den spezifischen Kompetenzen der bisherigen drei Pflegeberufe einen neuen Pflegeberuf entwickelt. Gleichermaßen am Ziel vorbei gehen die Argumente gegen gestufte Qualifizierungen. Wenn die Sorge vor geringeren Berufschancen von Menschen mit einer Assistenzqualifikation mit dem Festschreiben eines nicht zu anspruchsvollen, einrichtungsspezifisch ausgerichteten Profils der Ausbildungen führt, ist die Herausforderung, vor die demographischer Wandel und epidemiologische Veränderungen uns stellen, nicht verstanden worden.Wir drohen europäisch vollständig den Anschluss zu verlieren. Es ist doch nicht nachvollziehbar, dass bei uns alles ganz anders ist als im Rest Europas. Sowohl die Charakteristika von Menschen, die Gesundheitsversorgung und Pflege benötigen, sind vergleichbar, wie auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Begründung pflegerischen und medizinischen Handelns. In internationalen Studien ist belegt, dass je höher die Qualifikation und je besser das Zahlenverhältnis Pflegefachperson zu Klient, desto niedriger die Komplikationsrate und desto besser die Ergebnisse der Versorgung. Es gibt z.B. weniger Infektionen, Wundheilungsstörungen und auch weniger Todesfälle. Patienten und pflegebedürftige Menschen in einem der reichsten Länder der Welt sollten da keine Abstriche hinnehmen müssen. Wir sollten nicht nur anstreben die besten Autos der Welt herzustellen, sondern auch die beste Gesundheitsversorgung und Pflege anzubieten. Der DBfK als Generalistenverband mit Mitgliedern aus allen drei Pflegeberufen setzt auf die konstruktiven Kräfte auf allen Seiten für eine Weiterentwicklung der Profession durch eine generalistische Ausbildung und eine akademische Ausbildung als zweiten Zugang zum Beruf.
Hintergrund
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) ist die berufliche Interessenvertretung der Gesundheits- und Krankenpflege, der Altenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Der DBfK ist deutsches Mitglied im International Council of Nurses (ICN) und Gründungsmitglied des Deutschen Pflegerates (DPR). Mehr Informationen über den Verband und seine internationalen und nationalen Netzwerke können Sie auf der Homepage www.dbfk.de nachlesen. Falls Sie Interviewwünsche haben oder weitere Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte per E-Mail an presse@dbfk.de oder rufen Sie uns unter 030-219157-0 an.Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe e.V. (DBfK) vom 28.04.2013
www.dbfk.de