Wer Gewinnchancen kennt, verhält sich weniger kooperativ
Die bisher herrschende Ökonomen-Meinung, Wissen um die eigenen Gewinnchancen im Wettbewerb (payoff information) sei förderlich für die Zusammenarbeit, ist nach Ansicht eines Forscherteams aus Berlin und Santa Barbara widerlegt. Steffen Huck, Johannes Leutgeb (beide Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialfoschung) und Ryan Oprea (University of California, Santa Barbara) kommen nach einem Laborexperiment zu einem anderen Ergebnis: Wenn wir die eigenen Profitchancen kennen, geben wir uns mit diesem Gewinn zufrieden. Wir finden dann aber nie heraus, dass eine Kooperation mit anderen sich insgesamt und auch individuell noch mehr auszahlt. Die Studie ist erschienen im Fachjournal Nature Communications.
Steffen Huck und sein Forscherteam haben das Lernverhalten von Menschen untersucht, die in einem Wettbewerb miteinander interagieren. In einem Experiment haben sie die Teilnehmer willkürlich in 18 Paare eingeteilt. Die Aufgabe lautete, mit dem jeweiligen Partner über 600 Runden ein einfaches Computerspiel zu spielen. Die dabei gewonnenen Punkte konnten nach Spielende in Geld umgetauscht werden. Am Ende erwiesen sich die Teilnehmer derjenigen Gruppe A, die keine differenzierten Informationen über Gewinnmöglichkeiten erhielten, als viel kooperativer. Sie erzielten langfristig außerdem einen erheblich höheren Gewinn.
Diese Ergebnisse zeigen nach Ansicht der Forschenden, dass es nur kurzfristig gewinnträchtig ist, über payoff information zu verfügen. Langfristig ist der Blick auf individuelle Gewinnchancen dem Lernprozess abträglich, der zur Kooperation beiträgt. Studienleiter Steffen Huck fasst seine Schlussfolgerung so zusammen: "Systeme, die die menschliche Aufmerksamkeit auf kurzfristige Gewinne richten, wie zum Beispiel die Zahlung eines hohen Jahresbonus könnten entsprechend ungünstige Nebenwirkungen haben. Unsere Forschung zeigt, dass menschliche Kooperation nicht zuallererst von rationaler Kalkulation angetrieben wird, sondern von einfacher Heuristik. Organisationen sollten daher eher kooperative Verhaltensweisen fördern, als auf die Betonung individueller Verdienstmöglichkeiten zu setzen."
Die Studie "Payoff information hampers the evolution of cooperation" von Steffen Huck, Johannes Leutgeb and Ryan Oprea ist in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht und ist unter www.nature.com/articles/ncomms15147 zugänglich.
Quelle: Pressemitteilung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung vom 20 Juni 2017