Wohnungsloser Mann in Rostock erfroren – BAG Wohnungslosenhilfe fordert verstärkte Anstrengungen zur Kältehilfe
Ein 52-jähriger wohnungsloser Mann ist in Rostock am 08.11.2013 erfroren aufgefunden worden. Er wurde von Passanten in einem Gebüsch am Neuen Markt in der Altstadt entdeckt. Laut Obduktionsergebnis ist er an Unterkühlung in Zusammenwirkung mit Alkohol verstorben. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W), der Dachverband der Wohnungslosenhilfe in Deutschland, fordert angesichts des nahenden Winters 2013/2014 verstärkte Anstrengungen zur Kältehilfe in den Kommunen. Jede Kommune in Deutschland muss Wohnungslose unterbringen. Städte und Gemeinden verstoßen gegen ihre Amtspflichten, wenn sie nicht rechtzeitig Notunterkünfte bereitstellen oder verschaffen. Durch die Kälte besonders bedroht sind die ca. 24.000 Wohnungslosen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben. Nach Kenntnis der BAG W sind in den letzten 22 Jahren (seit 1991) mindestens 278 Wohnungslose erfroren. Sie erfroren im Freien, unter Brücken, auf Parkbänken, in Hauseingängen, in Abrisshäusern, in scheinbar sicheren Gartenlauben und sonstigen Unterständen. Da es für Deutschland keine öffentliche Statistik zur Wohnungslosigkeit gibt, muss die BAG W die Zahl der Wohnungslosen schätzen. Laut jüngster Schätzung ist die Zahl der Wohnungslosen von 2010 bis 2012 um 15% auf 284.000 Personen gestiegen. Bis 2016 prognostiziert die BAG W sogar einen weiteren Anstieg der Wohnungslosigkeit um ca. 30% auf dann 380.000 Menschen. Daher werden auch wieder mehr Wohnungslose auf der Straße leben als in den Jahren zuvor. Deswegen muss jetzt gehandelt werden, um der gestiegenen Zahl der Wohnungslosen gerecht zu werden. Unter dem Titel „Den Kältetod von Wohnungslosen verhindern!“ hat die BAG Wohnungslosenhilfe bereits vor zwei Jahren eine Handreichung erstellt, in der die rechtlichen Grundlagen der staatlichen Schutzpflichten zusammenfassend dargestellt und Eckpunkte für Maßnahmen zum Erfrierungsschutz benannt werden. Mit dieser Handreichung fordert die BAG W die Städte und Gemeinden auf, verstärkt zu prüfen, ob sie ihrer Verpflichtung nachkommen und ob die getroffenen Vorkehrungen in Quantität und Qualität ausreichend sind. Die BAG W setzt dabei auch auf eine Kooperation zwischen den Kommunen und den freien Trägern der Wohnungslosenhilfe. Nach Erfahrung der Wohnungslosenhilfe wird ein Teil der Betroffenen von den Angeboten nicht erreicht. Viele sind physisch und psychisch nicht in der Verfassung, sich in Massenunterkünften zu behaupten und sich ggf. gegen Übergriffe und Auseinandersetzungen durchzusetzen. Viele Angebote sind zu weit abgelegen und werden deswegen nicht erreicht, sind zu früh überfüllt, bieten keine Aufenthaltserlaubnis tagsüber und keine sichere Aufbewahrung der Habseligkeiten. Die Migration von EU-Bürgern, insb. aus den osteuropäischen Mitgliedsstaaten, hat in den letzten Jahren zugenommen. Eine immer größer werdende Zahl dieser Menschen landet mittellos, wohnungslos und krank auf der Straße. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit steht jedem Menschen zu – unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Deswegen müssen die Kommunen auch Sorge dafür tragen, dass diese größer werdende Gruppe wohnungsloser Migrantinnen und Migranten Zugang zu menschenwürdigem Erfrierungsschutz erhält. Die BAG Wohnungslosenhilfe bekräftigt deswegen ihre Appelle und Forderungen an die Kommunen:- Streetwork und andere Formen aufsuchender Arbeit auf- oder ausbauen, um vom Kältetod bedrohte Wohnungslose auf der Straße aufsuchen zu können
- Notrufnummern einrichten bzw. die 110 propagieren, damit Bürger gefährdete Menschen melden können
- Keine menschenunwürdigen Asyle, sondern Ermöglichung eines Mindestmaßes an Privatsphäre und Selbstbestimmung
- Schutz und Sicherheit vor Diebstahl und Gewalt in den Unterkünften gewährleisten
- Für wohnungslose Frauen muss es die Möglichkeit einer separaten und sicheren Unterbringung geben
- Dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten für kleinere Gruppen von Wohnungslosen (auch mit Hunden)
- Großzügige Öffnungszeiten der Unterkünfte, d. h. auch tagsüber und nachts
- Keine Befristung des Aufenthaltes auf wenige Tage pro Monat
- Öffnung von U-Bahnstationen, Bahnhöfen und anderen geeigneten öffentlichen Gebäuden
- Ausreichend viele niedrigschwellige Tagesaufenthalte
- Notfalls zusätzliche Anmietung von geeigneten Räumlichkeiten, bspw. leerstehende Gewerbeimmobilien, die beheizbar sind und über sanitäre Einrichtungen verfügen
Quelle: Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) vom 15.11.2013