Zwischen Hoffnung und Sorge - Fachverbände zu den Eckpunkten für ein neues Fachkräfte-Einwanderungsgesetz

Die Bundesregierung hat in diesen Tagen lang erwartet sich positioniert zu einem Fachkräfte-Einwanderungsgesetz. Eckpunkte wurden jetzt durch das Kabinett verabschiedet. Das stieß in der Fachpflegewelt auf großes Interesse, ist doch dort die Personalnot groß.

Mit dem Eckpunktepapier der Regierung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung getan, kommentiert der Arbeitgeberverband Pflege, auch wenn es sich bei dem angepeilten neuen Gesetz nicht um ein umfassendes Einwanderungsgesetz handele. Geregelt werden soll vielmehr die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten, also Nicht-EU-Ländern in den deutschen Arbeitsmarkt. Für richtig hält der Arbeitgeberverband, dass Fachkräfte aus Drittstaaten künftig zum Beispiel für sechs Monate nach Deutschland einreisen dürfen sollen, um mit abgeschlossener Ausbildung auf Jobsuche zu gehen. Die Anerkennung mitgebrachter Abschlüsse solle deutlich beschleunigt und vereinfacht werden.

Fachkräfte sollen laut Regierung gezielt im Ausland angeworben werden. Außerdem soll das Deutschlernen im Ausland erleichtert werden, dazu will man künftig gezielt etwa mit Goethe-Instituten im Ausland zusammenarbeiten. Dazu Friedhelm Fiedler, Vizepräsident beim Arbeitgeberverband Pflege:,,Besonders wichtig aber ist, dass jetzt in Berlin deutlich wurde, dass die zuständigen Behörden, also die Visastellen, Ausländerbehörden, Arbeitsverwaltung, zuständige Stellen für die Anerkennung beruflicher Qualifikationen sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ,,effizienter und transparenter" zusammenarbeiten. Dies stimmt hoffungsvoll, dass die Bundesregierung nach Jahren des Zögerns und Zauderns die Dringlichkeit des Themas klar erkannt hat."

Auch Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) begrüßte den Schritt. „Wir sind froh und erleichtert, dass die Politik Verantwortung übernimmt und hinsichtlich der Einwanderung von Fachkräften Nägel mit Köpfen machen will". Meurer hatte bereits in der Vergangenheit wiederholt die Bedeutung der qualifizierten Zuwanderung hervorgehoben. „Wir brauchen Versorgungssicherheit, aber auch eine spürbare Entlastung der Beschäftigten in der Altenpflege." Die Pflege könne keinesfalls ausschließlich mit deutschen Fachkräften gestemmt werden", erläutert der bpa-Präsident.

Als Gebot der Stunde bezeichnete Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, die Einigung im Kabinett, mehr legale Zuwanderungswege nach Deutschland zu schaffen. Zugleich betonte sie die Notwendigkeit ausreichend unterstützender Integrationsangebote, die über aktuelle Haushaltsplanungen abgedeckt werden müssten, damit Integration gut funktioniert und nicht zu Reibungen und unerwünschten Migrationsfolgen führt. Die Diakonie begrüßt dabei, dass für geflüchtete Menschen, die bei uns in Arbeit und Ausbildung gut integriert sind, eine Perspektive geschaffen werden soll."

Einwanderung ist nur ein – und nicht der wichtigste – Baustein gegen den Pflegefachkräftemangel „Anwerbung – insbesondere aus Drittstaaten – kann und wird den Pflegefachpersonenmangel in Deutschland auch nicht annähernd lösen, sondern allenfalls ein Baustein unter vielen anderen sein", sagt die Sprecherin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK), Johanna Knüppel. „Wer den Personalmangel in der Pflege beheben will, müsse dessen Ursachen gründlich analysieren. Angesetzt werden müsse zuallererst und mit aller Konsequenz an den Arbeitsbedingungen, damit die im Land ausgebildeten Pflegefachpersonen in den Beruf einmünden und an ihren Arbeitsplätzen bleiben wollen und können. Gute und motivierend gestaltete Arbeitsplätze sind dann auch attraktiv für Fachkräfte, die man aus aller Welt nach Deutschland holen will.

Der Berufsverband bezweifelt, dass das so leicht wird, wie man sich das vorstellt. Pflegefachpersonal werde weltweit umworben, von vielen Industrienationen mit deutlich besseren Bedingungen und höherer Wertschätzung und Autonomie als hierzulande. „Im Vergleich mit anderen europäischen und internationalen Gesundheitssystemen muss sich Deutschland da erst einmal noch hinten anstellen", so Knüppel.

Keine Versorgungslücken in Heimatländern produzieren

Eine ungesteuerte Abwerbung von Fachkräften, die wichtige Tätigkeiten in ihren Heimatländern ausüben, dürfe keine Versorgungslücken reißen und zu erheblichen sozialen Problemen in den Herkunftsländern führen.  Dazu sind transnationale Abkommen notwendig, denn auch hier haben wir eine besondere Verantwortung, so die Diakonie. Auch der DBfK macht darauf aufmerksam, dass gerade in Drittstaaten die Gesundheitsversorgung der allgemeinen Bevölkerung häufig unzureichend ist und sie ihre Fachkräfte selbst dringend benötigen. Insbesondere in asiatischen Ländern beginnt gerade erst der Aufbau von Systemen der Langzeitpflege, der Bedarf an Pflegepersonal dort wird drastisch ansteigen. Auch deshalb fordere die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit Jahren gerade die reichen Länder ausdrücklich auf, ihren Bedarf an Fachkräften für die Gesundheitssysteme durch Anstrengungen im eigenen Land zu decken und sich nicht in Drittstaaten zu bedienen. Der am 21. Mai 2010 von 193 Mitgliedsstaaten verabschiedete Globale Verhaltenskodex der WHO für die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften bringt das deutlich zum Ausdruck, Deutschland hat ihn mitgezeichnet.


Quelle: Pressemitteilungen des dpa, des Arbeitgeberverbandes Pflege, der Diakonie Deutschland und des DBfK