Alternative Streikmethode: Pflegekräfte springen nicht mehr ein
Auf einer Hamburger Intensivstation weigern sich Pflegekräfte aufgrund hoher Arbeitsbelastung für ausfallende Koleg:innen einzuspringen. Aufgrund des zu niedrigen Personalschlüssels werden dort Intensivbetten gestrichen. Die Pflegegewerkschaft BochuerBund bezieht Stellung zu dieser Form des Streiks.
Wie Focus Online berichtete, versuchen sich Pflegekräfte der Intensivstation im UKE Hamburg an einer neuen Methode des Arbeitskampfes. Weil kürzlich immer mehr Kolleg:innen ausfallen, ohne dass das Team Unterstützung erhält, lehnen es die Pflegekräfte nun ab, einzuspringen.
Seit dem 17. Dezember habe sich das Pflegeteam entschieden nur noch „Dienst nach Vorschrift" abzuleisten. Das übliche Einspringen für kranke Kolleg:innen fällt nicht darunter. Die gängige Praxis, dass Pflegekräfte in ihrem Dienstfrei angerufen werden, sobald ein:e Kolleg:in ausfällt, belastet die Pflegeteams immer mehr. Die Pflegekräfte können sich von ihrer Arbeit nicht mehr ausreichend regenerieren. Die ohnehin anstrengende Arbeit hat sich durch Schutzmaßnahmen und aufwändigere Pflege während der Pandemie noch verschärft. Durch vermehrte Ausfälle wegen Krankheit oder Impfreaktionen müssen die (noch) gesunden besonders häufig einspringen. Damit ist im UKE in Hamburg nun Schluss. Das Team will so den Druck erhöhen ausreichend Personal einzustellen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Die kurzfristige Folge zeigte sich in einer Nacht im Dezember. Auf einer Station hatten nun zwei Pflegekräfte neun Patient:innen im Intensivbereich zu versorgen. Die Sicherheit der Patient:innen kann so eindeutig nicht mehr gewährleistet werden. Laut Mindestpersonalschlüssel auf einer Intensivstation sollte eine Pflegekraft höchstens zwei Patient:innen betreuen müssen. Das Team fordert daher die Einhaltung des Mindestpersonalschlüssels und verbindliche Entlastungen für die Pflege. „Das Gesundheitssystem könne nicht darauf aufbauen, dass das Personal ständig einspringt", so einer der Pfleger.
Tatsächlich wurden im betroffenen Krankenhaus schon einige Intensivbetten gesperrt, was darauf hindeutet, dass die neue Maßnahme der Kolleg:innen ein effektives Instrument ist. Natürlich erhöht dieses Vorgehen jedoch in den unterbesetzten Schichten den Druck auf die Einzelnen, mit der desolaten Situation umzugehen. Dies sollte jedoch kein zu hoher Preis sein, wenn die Arbeitsbedingungen so auf Dauer verbessert werden können.
Denn nur, wenn Pflegende endlich erkennen, dass auch die eigenen Gesundheit es wert ist, sich Erholungspausen zu gönnen, wird sich etwas ändern. Das Sublimieren eines Systems, das auf moralischer Erpressung beruht, muss aufhören. Deshalb findet die Pflegegewerkschaft BochumerBund das Vorgehen des Pflegenden am UKE unterstützenswert.
Quelle: Pressemitteilung des BochumerBund vom 10.01.2022