Auch Vorboten des Schlaganfalls sind Notfälle!
Der BDH Bundesverband Rehabilitation appelliert zum Welt-Schlaganfall-Tag am 29. Oktober 2021, Schlaganfallsymptome unbedingt ernst zu nehmen. Gefühlsstörungen oder Lähmungen im Gesicht oder an Armen und Beinen, Probleme mit dem Sehen oder Sprach- und Sprechstörungen sind Alarmsignale, weil sie einen Schlaganfall ankündigen können. Der Experte für neurologische Erkrankungen, Prof. Thomas Platz, Ärztlicher Direktor Forschung im BDH Bundesverband Rehabilitation, rät dringend dazu, bei Verdacht nicht zu zögern, den Notruf 112 anzurufen. Auf fachgerechte Akutmedizin und Rehabilitation darf auch in der Pandemie aus Angst vor Ansteckung nicht verzichtet werden. Sicherheit wird auch in den BDH-Kliniken großgeschrieben.
Hierzulande ist der Schlaganfall nach der koronaren Herzkrankheit die zweithäufigste Todesursache, und eine wichtige Ursache von Behinderung und Pflegebedürftigkeit. In Deutschland betrifft das Jahr für Jahr rund 270.000 Menschen, das entspricht der Einwohnerzahl von Großstädten wie Mönchengladbach oder Wiesbaden. In allen Industrienationen weltweit haben auch hierzulande Verbesserungen bei der Vorbeugung und Behandlung des Schlaganfalls zwar zu altersbezogen sinkenden Inzidenz- und Sterberaten geführt. Die absolute Zahl der jährlich von einem Schlaganfall neu Betroffenen und die Zahl der Menschen, die mit Schlaganfall-bedingten alltagsrelevanten Behinderungen leben, nimmt weltweit jedoch deutlich zu. Das berichtete kürzlich eine internationale Autorengruppe im Fachmagazin „Lancet Neurology“.
Symptome verschwinden, Ursachen nicht!
Anlässlich des Welt-Schlaganfall-Tages warnt der Ärztliche Direktor Forschung im BDH Bundesverband Rehabilitation, Professor Thomas Platz: „Bei Verdacht auf einen Schlaganfall darf es kein Zuwarten geben! Auch flüchtige Schlaganfall-Symptome, beispielsweise durch die Verengung einer Halsschlagader, müssen ernst genommen sowie unverzüglich abgeklärt und behandelt werden. Gefühlsstörungen oder Lähmungen im Gesicht oder an Armen und Beinen, Probleme mit dem Sehen oder Sprach- und Sprechstörungen sind Alarmsignale, die unbedingt ernst genommen werden müssen, weil sie einen Schlaganfall ankündigen können.“
Auch der diesjährige Welt-Schlaganfall-Tag steht unter dem Motto „Symptome verschwinden – Ursachen nicht!“. Kurzzeitige Durchblutungsstörungen, sogenannte transistorisch-ischämische Attacken (TIA) sind sehr häufig Vorboten einer medizinischen Katastrophe.
„Wichtig ist es, dass die Vorboten eines Schlaganfalls als solche erkannt werden“, so Platz, „das ist ein absoluter Notfall. Wer solche Symptome an sich oder anderen feststellt, sollte nicht zögern, den Notruf 112 anzurufen. Denn ab da läuft die Uhr.“ Je früher verschlossene Gefäße wieder durchlässig für den Blutstrom gemacht werden, um das Gehirn wieder mit Sauerstoff zu versorgen, desto besser. Innerhalb der ersten vier bis fünf Stunden nach dem Auftreten erster Symptome können Gefäßverschlüsse durch eine sogenannte Thrombolyse wieder geöffnet werden. Hierbei wird ein Blutgerinnsel, das eine hirnversorgende Arterie verstopft hat, mit Medikamenten aufgelöst. Auch die Entfernung eines Gefäßverschlusses durch feine Katheter ist möglich.
Mit Stroke-Units wertvolle Zeit gewinnen
Moderne Spezialeinrichtungen für Schlaganfallbehandlung wie in der hessischen BDH-Klinik Braunfels, auch Stroke-Units genannt, sind bestens für eine sofortige Behandlung von Schlaganfallpatienten auf höchstem Niveau ausgestattet. Das Risiko, am Schlaganfall zu sterben oder schwer pflegedürftig zu werden, wird dadurch deutlich verringert. Speziell geschultes Pflegepersonal, Ärzte und Therapeuten kümmern sich dort rund um die Uhr im Rahmen einer aufwändigen Infrastruktur um die leitliniengerechte Akutversorgung der Patienten. Die Anamnese beginnt bereits, wenn der Patient auf dem Weg ins Krankenhaus ist, im Gespräch mit den Angehörigen. Durch optimierte Krankenhausabläufe kann in Braunfels innerhalb der ersten Viertelstunde nach Eintreffen des Rettungsdienstes die Art des „Schlaganfalls“ (Blutung oder Durchblutungsstörung) erkannt und unmittelbar mit der adäquaten Behandlung begonnen werden.
„Wir gewinnen auf diese Weise wertvolle Zeit im Kampf gegen fatale gesundheitliche Folgen“, so Prof. Dr. Ingrid Sünkeler, Leitende Oberärztin der Stroke-Unit in der BDH-Klinik Braunfels, auf der jährlich mehr als 600 Schlaganfall-Patientinnen und Patienten behandelt werden.
Lassen sich trotz bester Akutversorgung ein Schlaganfall und daraus resultierende Funktionseinschränkungen nicht vermeiden, bedarf es gezielter rehabilitativer Behandlung, meist zunächst stationär, später ambulant. In neurologisch spezialisierten BDH-Reha-Kliniken und -zentren arbeiten multidisziplinäre Teams vor allem daran, alltagsrelevante Behinderungen zu reduzieren und ein selbstbestimmtes Leben trotz Schlaganfall weiter zu ermöglichen.
Die Notfall- und Rehamedizin kann jedoch nur dann helfen, wenn sich die Betroffenen und ihre Angehörigen auch melden und nicht darauf waren, dass sich das Problem von selbst löst.
Rückläufige Patientenzahlen in der Pandemie
Aber bei nicht wenigen Betroffenen mit leichteren Symptomen wurde aus Angst vor Ansteckung der Griff zum Hörer oder der Gang in die Notfallambulanz während der Corona-Pandemie vermieden. Das legt eine im Fachmagazin „Stroke“ veröffentlichte Studie nahe. Zwischen März und Mai 2020 ging die Zahl von Menschen, die in 1.463 deutschen Kliniken mit akuten Schlaganfällen behandelt wurden, um 17,4 Prozent zurück. Bei den flüchtigen Durchblutungsstörungen betrug der Rückgang sogar fast ein Viertel (fast 25 Prozent), bei den Hirnblutungen fast 16 Prozent. Entsprechend starben in diesem Zeitraum mehr Menschen an einem Schlaganfall.
Weniger Rehaanträge in der Coroanazeit
Aber auch die Inanspruchnahme der nachfolgenden Rehabilitation hat in Deutschland während der Pandemie gelitten. Für die Rehabilitation insgesamt wiesen Forscher aus Deutschland eine Verringerung der Anträge um 14,5 Prozent nach und berichteten darüber international im Journal „Archives of Physical Medicine and Rehabilitation".
Platz mahnt als Koordinator eines Autorenteams von 14 Fachgesellschaften, was die deutsche Leitlinie zur Rehabilitation während der Coronavirus-Pandemie herausgibt, vor den Gefahren nicht erfolgter Behandlung. Es können nach dem Schlaganfall Behinderungen verbleiben, die hätten reduziert werden können. „Die Rehabilitationseinrichtungen haben in der Pandemie umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um Rehabilitation sicher zu machen. Niemand sollte eine erforderliche Rehabilitation aus Sorge vor einer Infektion mit dem Coronavirus nicht in Anspruch nehmen. Das würde das längerfristige Behandlungsergebnis gefährden", so Platz
Quelle: Pressemitteilung des BDH Bundesverband Rehabilitation vom 28.10.2021