Aktuelle Studie: Cannabis zwischen Verharmlosung und echtem Nutzen

Eine klare und realistische Sicht der Dinge wünscht sich bei Cannabis die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler. Eine vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Studie „Cannabis: Potential und Risiken. Eine wissenschaftliche Analyse (CaPRis)" nahm sowohl die Risiken des Cannabiskonsums zu Rauschzwecken als auch der Nutzen von Cannabinoiden zum medizinischen Gebrauch in den Blick. Nun wurde der Ergebnisbericht vorgelegt. 

Die Studie wurde unter der Leitung von Privat-Dozentin Dr. rer. nat. Eva Hoch vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und Privat-Dozentin Dr. rer. nat. Miriam Schneider vom Institut für Entwicklungspsychologie und Biologische Psychologie der Universität Heidelberg durchgeführt. Sie fasst den aktuellen Forschungsstand zum Thema Cannabis zusammen. Im Rahmen der Studie wurden alle hierfür bedeutsamen in den vergangenen zehn Jahren in deutscher und englischer Sprache publizierten Daten und Forschungsarbeiten ausgewertet.

Mortler kritisiert: „In der öffentlichen Debatte werden die Folgen des Konsums zu Rauschzwecken von Cannabis häufig verharmlost. Die Möglichkeiten des medizinischen Einsatzes sind bisher auf bestimmte Indikationen begrenzt".  Regelmäßiges Kiffen sei gerade für Kinder und Jugendliche gefährlich. Die Entwicklung einer Cannabisabhängigkeit ist keine Seltenheit, das Risiko für psychische Störungen, wie etwa Depressionen, Angsterkrankungen und Psychosen erhöht sich. Das gilt zumindest bis zum Abschluss der Gehirnentwicklung mit Anfang 20.

Medizinalhanf dagegen kann die Übelkeit oder Appetitlosigkeit von Krebs- oder HIV-Patienten lindern. Auch bei chronischen Schmerzpatienten kann es zu einer leichten Schmerzreduzierung kommen. Bei verschiedenen anderen Krankheiten, die im Moment diskutiert werden, seien solche Wirkungen nicht nachgewiesen, so Mortler. "Wir müssen auf jeden Fall intensiver über die Gefahren des Cannabiskonsums aufklären und die medizinische Versorgung cannabisabhängiger Menschen verbessern."

„In den letzten 10 Jahren ist vor allem ein deutlicher Anstieg der wissenschaftlichen Literatur zu vermerken, die sich mit den Risiken des Cannabiskonsums zu Rauschzwecken befasst", berichtet Dr. Eva Hoch. In der Studie wird ein detailreiches Bild unterschiedlich ausgeprägter Risiken für akuten und chronischen Konsum aufgezeigt. So finden sich zum Beispiel eindeutige Einschränkungen in der Gedächtnisleistung, der Aufmerksamkeit und der Psychomotorik. Organisch kann sich Cannabis negativ auf die Atemfunktion und das Herz-Kreislaufsystem auswirken ( zum Beispiel  Herzinfarkt und Bluthochdruck). Cannabiskonsum steht auch im Zusammenhang mit Einbußen im Bildungserfolg und kann abhängig machen. Besondere Risiken liegen im frühen Konsumbeginn in der Adoleszenz, intensiven Gebrauchsmustern sowie dem Co-Konsum von Tabak.

Im Bereich der medizinischen Anwendung von Cannabis wurde ein Nutzen bei der Indikation „Übelkeit und Erbrechen bzw. Appetitstimulation" bei Menschen mit chemotherapeutisch behandelter Krebserkrankung und HIV/AIDS sowie eine leichte Besserung der Symptomatik bei chronischen Schmerzen gefunden. Auch die Spastizität bei Multipler Sklerose verbesserte sich in den Studien. Aufgrund der begrenzten Datenlagen konnte die Studie zu vielen anderen Krankheitsbildern noch keine Aussagen zur Wirksamkeit treffen. Weitere Datenerhebungen seien notwendig, so das Wissenschaftsteam. 

Die gesamte Studie, mit detaillierter Aufstellung und Diskussion der Ergebnisse umfasst ca. 500 Seiten und wird demnächst in einem wissenschaftlichen Verlag (Springer) veröffentlicht.

Den Ergebnisbericht, der die Kernaussagen der Studie enthält, finden Sie auf der Internetseite des BMG unter: www.bundesgesundheitsministerium.de/CaPRis

Informationen zum Thema Cannabis finden Sie auch auf: www.drogenbeauftragte.de


Quelle: Presseinformation des Bundesministeriums für Gesundheit vom 28. November 2017