Eine menschenrechtsorientierte Behindertenpolitik – Bewegung jetzt!
Eine menschenrechtsorientierte Behindertenpolitik – Bewegung jetzt!, so formuliert die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) ihren Appell an alle Verhandlungsparteien für die vor uns liegende Legislaturperiode, eine gute und menschenrechtsorientierte und damit inklusive Behindertenpolitik auf den Weg zu bringen.
Die Koalitionsverhandlungen der drei Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben begonnen und damit auch das Zittern darum, inwieweit eine gute und menschenrechtskonforme Behindertenpolitik auch im miteinander vereinbarten Koalitionsvertrag der Parteien wiederzufinden sein wird. Eine Politik, die wirklich Veränderungen bringt und dem Anspruch einer ernstgemeinten Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) gerecht wird.
Nach Ansicht der ISL sind folgende Bereiche im Koalitionsvertrag zu verankern:
- Eine umfassende, wirksame und finanziell angemessen ausgestattete Gewaltschutzstrategie, um behinderte Menschen vor Gewalt zu schützen
- Gesetzliche Verpflichtung für eine umfassende Barrierefreiheit, für private Anbieter von Waren und Dienstleistungen, den Wohnungsbau, der Digitalisierung und bezüglich einer Ausweitung des Anwendungsbereiches des European Accessibility Acts, sowie in der Mobilität
- UN-BRK konforme Anpassungen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) im Bereich der gemeinsamen Leistungserbringung (so genanntes Zwangspoolen), der Zumutbarkeit besonderer Wohnformen, sowie in Hinblick auf die dringend nötige Einkommens- und Vermögensunabhängigkeit von Leistungen
- Regelung von Assistenz im Krankenhaus für alle Menschen mit Assistenz- und Unterstützungsbedarf. Die bisherigen Lücken müssen geschlossen werden.
Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Ein dezidierteres Papier hat die Liga Selbstvertretung veröffentlicht: Vorschläge der LIGA Selbstvertretung für den Koalitionsvertrag zur Behindertenpolitik – Liga Selbstvertretung (liga-selbstvertretung.de)
Das bisher durch die drei Parteien veröffentlichte Sondierungspapier über erste Ergebnisse liest sich aus Sicht behinderter Menschen bisweilen nüchtern und unzufriedenstellend: Es bleibt viel Luft nach oben und wir erwarten, dass die Koalitionsverhandlungen zu mehr ernst gemeintem Engagement und Details führen, Tatendrang versprühen und im Sinne echter und ernsthaft gelebter Partizipation, behinderte Menschen an allen sie betreffenden Vorhaben und Plänen ebenso mitmischen können.
Die „Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL)“ ist eine menschenrechtsorientierte Selbstvertretungsorganisation und die Dachorganisation der Zentren für Selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen. Sie wurde nach dem Vorbild der US-amerikanischen „Independent Living Movement“ gegründet, um die Selbstbestimmung behinderter Menschen auch in Deutschland durchzusetzen.
Quelle: Pressemitteilung der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. vom 26.10.2021