1. Aktionstage Gefängnis: ANGEFANGEN! Selbstorganisation - Mindestlohn - Sozialversicherung

03.11.2017 | Soziale Arbeit

Für den kommenden Dienstag wird zum Auftakt der „Aktionstage Gefängnis"  aufgerufen. In Berlin sollen die Realitäten hinter Gittern sichtbar gemacht und die gesellschaftliche und politische Funktion von Strafe und Gefängnis kritisch hinterfragt werden. Es soll aber auch eine Vernetzung und Organisierung derjenigen Initiativen, Gruppen, Verbände und Einzelpersonen gefördert werden, die Gefangene bei der Wahrnehmung ihrer Interessen unterstützen und/oder sich strafvollzugspolitisch engagieren.

Das diesjährige Motto lautet "ANGEFANGEN! Selbstorganisation / Mindestlohn / Sozialversicherung". Wie die Initiatoren mitteilen, unterliegen bis heute die meisten Strafgefangenen in der Bundesrepublik Deutschland einer gesetzlichen Arbeitspflicht. Die Arbeitsentgelte in Haft sind gering (ca. 1 bis 1,50 Euro pro Stunde), sie liegen weit unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns. Straffällig gewordenen Frauen und Männern werde so die Möglichkeit vorenthalten, sich während der Haft aus eigener Kraft eine Zukunftsperspektive aufzubauen. Für diese Zwangsarbeit (sic: Art. 12 Abs. 3 Grundgesetz) werden zudem keine Beiträge zur Renten- versicherung entrichtet. Trotz geleisteter Arbeit fehlen die Jahre der Inhaftierung für den Rentenanspruch. Auch dies bedeutet eine besondere Härte für viele Gefangene. Altersarmut ist bei langen Haftstrafen vorprogrammiert.

Um dies zu ändern, organisieren sich Gefangene. Vor einigen Jahren haben sie eine eigene Gewerkschaft gegründet. Sie kämpfen für ihre oft vorenthaltenen Rechte und treffen hierbei auf erhebliche Widerstände. Die Möglichkeiten der Selbstorganisation von Gefangenen und der gewerkschaftlichen Arbeit werden von der Justiz vielerorts eingeschränkt und behindert. Am 7. November 2017 soll darüber um 12.30 Uhr mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Organisationen, Gruppen und Verbände aus den Bereichen Justiz, Politik, Wissenschaft, Gewerkschaften und Verbände über diese Fragen öffentlich diskutiert.

In Zukunft sollen die Aktionstage  zu jährlich wechselnden Themen stattfinden. Vorbild sind die französischen „Journées Nationales Prison".

Aufrufende Organisationen: 

Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (BAG-S), Deutsche AIDS-Hilfe, Europäisches Forum für angewandte Kriminalpolitik, Evangelische Konferenz für Gefängnisseelsorge in Deutschland, Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO), Freie Hilfe Berlin. Straffälligen- und Wohnungslosenhilfe, Gruppe Kiralina - Kein Knast steht für immer, Katholische Bundes-Arbeitsgemeinschaft im Deutschen Caritasverband (KAGS), Komitee für Grundrechte und Demokratie, Strafvollzugsarchiv, Redaktionskollektiv „Wege durch den Knast".


Quelle: Presseinformation der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (BAG-S) vom 30. Oktober 2017