iff-Überschuldungsreport 2016: Immer mehr Menschen abgehängt

22.11.2016 | Soziale Arbeit | Nachrichten

Das Hamburger institut für finanzdienstleistungen (iff) stellte in diesen Tagen - zusammen mit der Stiftung „Deutschland im Plus" - den iff-Überschuldungsreport 2016 vor. Darin werde deutlich, dass der wirtschaftliche Aufschwung an den finanziell gefährdeten Haushalten vorbeigeht.

Viele Überschuldete scheinen die Hoffnung auf eine schuldenfreie Zukunft aufgegeben zu haben. Die Zahl der Insolvenzeröffnungen ging bei den Verbraucherverfahren auf einen erneut historisch niedrigen Tiefstand von rund 85.000 zurück - und das trotz einer weiter wachsenden Zahl von 6,7 Millionen Verbrauchern, für die bei Auskunfteien sogenannte „Negativmerkmale" gespeichert sind. Eine Erklärung ist, dass sich mit der Einführung des Pfändungsschutzkontos für viele Überschuldete die Notwendigkeit, einen Insolvenzantrag zu stellen, um wieder am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilhaben zu können, erübrigt hat.

Die Einkommensarmut hat sich als Ursache für Überschuldung auf einem hohen Niveau von rund 10 Prozent stabilisiert. Die preisbereinigten Einkommen der Überschuldeten sinken seit Jahren, das mittlere Einkommen liegt aktuell bei 861 Euro und damit rund 13 Prozent unterhalb der Armutsgrenze. Die Einführung des Mindestlohns hat nicht dazu geführt, dass die Anzahl der „Aufstocker", also diejenigen Bezieher von Arbeitslosengeld II, die trotz Erwerbstätigkeit auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind, deutlich abnimmt. Das liegt vor allem daran, dass die Einkommen der Mindestlohnempfänger nicht ausreichen, um sich und ihre Familien aus der Armut herauszuführen. Die Zahl Alleinerziehender unter den Überschuldeten hat zudem erneut zugenommen.

Trotz der rückläufigen Arbeitslosenquote und gestiegener Erwerbstätigkeit ist der Anteil der Ratsuchenden, die Arbeitslosigkeit oder reduzierte Arbeit als Hauptauslöser für ihre Überschuldung angaben, im Jahr 2015 auf 28 Prozent gestiegen. Auch in der Entwicklung der vergangenen Jahre spiegelt sich der Beschäftigungsaufbau im Anteil derer, die Arbeitslosigkeit als Überschuldungsgrund angeben, kaum wider. Die Ratsuchenden finden zudem schlechter eine neue Arbeit als der Rest der Bevölkerung, der Anteil der Arbeitslosen unter ihnen ist 2015 mit rund 46 Prozent unverändert hoch.

„Die zunehmende Ungleichheit spiegelt sich immer stärker auch in den Einkommen Überschuldeter wider, immer mehr Menschen nehmen am wirtschaftlichen Aufschwung nicht teil", fasst iff-Überschuldungsexperte Dr. Dirk Ulbricht zusammen.

Im Rahmen des iff-Überschuldungsreports 2016 wurde eine Untersuchung zu digitalen Arbeitshilfen in der Sozialen Schuldnerberatung durchgeführt. Hierfür wurde im Sommer 2016 eine umfangreiche Befragung unter 190 Schuldnerberatungsstellen im gesamten Bundesgebiet zum derzeitigen Stand der Digitalisierung, zur aktuellen Arbeitsweise sowie zu Möglichkeiten der Beratung in digitaler Form durchgeführt. Das Ergebnis der Untersuchung ist, dass eine Digitalisierung der Beratung nicht weiterhilft, eine Digitalisierung der Arbeitsabläufe kann dies jedoch sehr wohl.

Die Stiftung „Deutschland im Plus" engagiert sich für finanzielle Bildung im Rahmen zielgruppengerechter Aufklärungs- und Hilfsprojekte zur Überschuldungsprävention über alle Altersklassen hinweg, darunter in Unterrichtsangeboten in den Schulen oder mit digitalen Angeboten wie die App 'Mein Budget'. Zudem hat die Stiftung Anfang 2016 neue Angebote für junge Migrantinnen und Migranten geschaffen, die ihnen den Start in Deutschland erleichtern sollen.

Zum Überschuldungsreport

Das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (iff) erstellt seit zehn Jahren den jährlich erscheinenden iff-Überschuldungsreport. Er basiert auf einer detaillierten Auswertung von Haushalten, die eine Schuldnerberatungsstelle aufsuchen. Der diesjährige iff-Überschuldungsreport beruht auf einer weiter vergrößerten Datenbasis von mehr als 60.000 Haushalten in ganz Deutschland. Ausgewertet wurden die anonymisierten Daten von 21 Beratungsstellen in allen 16 Bundesländern. Die Ergebnisse bilden nach iff-Angaben ein belastbares Bild zur Lage der Klienten von Schuldnerberatungsstellen ab und schaffen Transparenz für die Ab- und Herleitung praktikabler Handlungsempfehlungen. Die Erstellung des Berichts wird von der Stiftung "Deutschland im Plus" gefördert.

Der vollständige Bericht ist abrufbar unter www.iff-ueberschuldungsreport.de


Quelle: Presseinformation von Deutschland im Plus - Die Stiftung für private Überschuldungsprävention am 21. November 2016