Erhebung in Caritas-Beratungsstellen: Mehr als die Hälfte der Ratsuchenden spart an Essen und Energie
Mehr als die Hälfte der Hilfesuchenden in den Sozialberatungsstellen der Caritas mussten in diesem Jahr an der Ernährung (53,5%) sparen. 45,5 Prozent schränkten sich beim Energieverbrauch ein und 39,9 Prozent beim Wohnen.
Das ergab die jährlich wiederkehrende Stichtags-Erhebung in den 478 Caritas-Beratungsstellen der Allgemeinen Sozialberatung am 21. September. Die Beratungsstellen sind eine erste und oft einzige Anlaufstelle für Ratsuchende mit Anliegen aller Art und somit ein guter Sensor für die Nöte und Probleme, die die Menschen in Deutschland gerade haben. Finanzielle Sorgen sind Hauptgrund für das Aufsuchen einer Sozialberatung. Aus den Ergebnissen der diesjährigen Abfrage lässt sich dazu ablesen: Steigende Preise für Energie verschärfen die Probleme von armutsgefährdeten Haushalten spürbar.
Dabei verfügte rund ein Drittel der Ratsuchenden am Stichtag über ein eigenes Erwerbseinkommen. „Ein Arbeitsplatz schützt längst nicht immer und automatisch vor existentiellen finanziellen Sorgen. Wenn sich keine bezahlbare Wohnung finden lässt oder wenn die Preise Lebensmittel oder für den Schulbedarf der Kinder drastisch nach oben gehen, passen Einkommen und Ausgaben plötzlich nicht mehr zusammen. Breitere Bevölkerungsschichten sind auf Hilfe und Begleitung angewiesen - ein deutlicher Hinweis auf die Bedeutung eines stabil geknüpften sozialen Netzes“, sagt Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes.
Schulden für Heiz- und Stromkosten
Ergänzt wird das Stichtags-Ergebnis der Sozialberatung durch weitere Caritas-Umfragen. „Aus den verschiedenen aktuellen Rückläufen ergibt sich ein genaues Bild, gerade unter Einbeziehung der Caritas-Schuldnerberatungsstellen. Energiepreise sind quer durch alle Haushaltstypen das Angst-Thema Nr. 1,“ so Welskop-Deffaa. Von 99 Prozent der Hilfesuchenden, die Bürgergeld erhalten, wurden in der Schuldnerberatung Stromschulden thematisiert. Bei 88 Prozent der Bezieher von Bürgergeld bzw. Wohngeld/Kinderzuschlag ging es in der Beratung um Schulden bei Heizkosten. 2021 lagen die Vergleichswerte bei Strom noch bei 54 Prozent und 41 Prozent bei den Heizkosten.
„In Zeiten steigender Konsumgüterpreise ist die zeitnahe Anpassung der Transferzahlungen unabdingbar,“ so Welskop-Deffaa. Gleichzeitig müssten die Erfahrungen aus dem Stromspar-Check, einer Peer-to-Peer-Beratung von Deutschem Caritasverband und dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD), für einkommensarme Haushalte zur Grundlage gezielter Beratungsangebote gemacht werden. „Wenn die Energiepreise in der Folge von Krieg und Klimaschutzerwägungen steigen, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Vermietern und Mietern, damit Energiesparen für alle gelingt.“
Unkomplizierter Zugang – persönliche Beratung
Wie in den vergangenen Jahren sind mehr als die Hälfte der Ratsuchenden in der Allgemeinen Sozialberatung Frauen (62,3 Prozent). Auffällig ist auch der Anteil junger Männer. 33 Prozent der männlichen Ratsuchenden sind unter 30 Jahre alt. Auch hier bilden existenzielle Sorgen als Folge der Inflation das Hauptproblem. Mehr als die Hälfte der Ratsuchenden insgesamt (52,1%) hat einen Migrationshintergrund. Von den Ratsuchenden mit Migrationshintergrund verfügt mehr als ein Drittel (35,45%) über ein eigenes Erwerbseinkommen.
Die 478 Beratungsstellen der Allgemeinen Sozialberatung funktionieren wie eine Clearing-Stelle. Finanzielle Probleme sind für Menschen meist der erste Anlass, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Nicht selten zeigt sich im Beratungsgespräch der Bedarf für weitergehende Hilfen – seien es Sucht- oder Schuldnerberatung, Erziehungshilfen, psychosoziale Dienste oder pflegerische Unterstützung.
„Diese wichtigen Anlaufstellen für hilfesuchende Menschen werden zu nahezu 100 Prozent von der Caritas aus eigenen Mitteln finanziert, d.h. aus Spenden oder kirchlichen Zuwendungen. Eine öffentliche Refinanzierung ist die Ausnahme. Die Stellen sind direkt, ohne Hürden und bürokratische Anforderungen zugänglich und bieten Erste Hilfe in allen Lebenslagen. Hier passt der Ausdruck von der „Feuerwehr des Sozialen“ besonders gut“, so Welskop-Deffaa.
Quelle: Pressemitteilung der Caritas vom 22.11.2023