INCB-Jahresbericht: „Die stille Sucht der Frauen"
Weibliche Sucht wird schneller tabuisiert, häufiger stigmatisiert und findet meist im Verborgenen statt. Darüber hinaus nehmen Frauen therapeutische Angebote deutlich weniger wahr als Männer. Während ein Drittel der globalen Drogenkonsumenten Frauen und Mädchen sind, ist nur einer von fünf Behandlungsempfängern weiblich. Dies ist nicht nur für die Frauen problematisch, auch die Auswirkungen auf die Familien, insbesondere die Kinder sind immens. Dies geht aus dem heute veröffentlichten Bericht des Internationalen Suchtstoffkontrollrats „International Narcotics Control Board (INCB)" hervor.
Dieser analysiert die globale Drogenkontrollsituation und gibt Ländern, welche die drei internationalen Drogenkonventionen ratifiziert haben, Handlungsempfehlungen zur Bewältigung drogenbedingter Herausforderungen.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler: „Drogenpolitik muss die speziellen Bedürfnisse von Frauen erkennen und berücksichtigen. Barrieren, die Frauen davon abhalten, sich in Behandlung zu begeben, etwa die Ausgrenzung durch die eigenen Familien, müssen überwunden werden. Viel zu häufig verhindert die gesellschaftliche Tabuisierung von Drogenkonsum und Sucht selbst lebensrettende Maßnahmen. Das muss sich ändern! Es gilt, die Frauenrechte weltweit zu stärken und zielgruppengerechte Hilfsangebote auszubauen. In Deutschland ist hierbei in den letzten Jahren viel geschehen, auch wenn wir noch längst nicht am Ziel sind. International sehe ich enormen Handlungsbedarf."
Frauensucht wird oft als die stille Sucht beschrieben. Was auch dazu führt, dass Frauen von ihrer Umwelt später mit der Suchtdiagnose konfrontiert werden und weitaus später Beratungsstellen suchen. Gerade die frühe Auseinandersetzung mit dem Drogenkonsum ist aber wichtig, um einer Abhängigkeitsentwicklung entgegen zu wirken. Oft liegen Ursachen für eine spätere Abhängigkeit schon in der Kindheit.
Der Präsident des Internationalen Suchtstoffkontrollrates (INCB) Werner Sipp: „Wir fordern alle Regierungen weltweit auf, den spezifischen Belangen und Bedürfnissen von drogenabhängigen Frauen besser Rechnung zu tragen. Vor allem der Zugang zu Prävention, Behandlung und Wiedereingliederung muss verbessert und das mit der Abhängigkeit verbundene Stigma abgebaut werden."
Zur weiblichen Sucht gehören aber nicht nur das Suchtverhalten selbst, sondern auch besondere Gesundheitsgefahren für die ungeborenen oder neugeborenen Kinder. Hinzu
kommt, dass Kinder suchtkranker Eltern einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind, später ebenfalls abhängig zu werden. Der Anteil der Drogenabhängigen, die Kinder haben, wird auf etwa ein Drittel geschätzt. Der diesjährige Jahresschwerpunkt der Drogenbeauftragten Marlene Mortler befasst sich mit eben diesen Kindern, mit Kindern aus suchtbelasteten Familien. Ein zentrales Anliegen ist es, das bestehende Hilfesystem zu stärken und den Betroffenen eine bestmögliche Orientierung zu geben.
Weitere Informationen unter www.drogenbeauftragte.de und www.incb.org
Quelle: BMG-Presseinformation vom 2. März 2017