Arbeits- und Sozialminister: Menschen am gesellschaftlichen Rand im Blick behalten
Zwei Tage tagten trunusmäßig Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder (ASMK), diesmal in Potsdam. Auf ihrer Tagesordnung standen die Reform des sozialen Entschädigungsrechts, besonders im Umgang mit Opfern terroristischer Gewalttaten, Kinderarmut, gleicher Pflege-Mindestlohn in Ost und West, die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes sowie die Arbeitsmarktintegration geflüchteter Menschen. Auf der Tagesordnung standen insgesamt 54 Beschlussvorlagen, teilt das Sozialminiserium Brandenburg mit, das in diesem Jahr den Vorsitz inne hatte. 2018 wechselt die ASMK nach Nordrhein-Westfalen.
Die ASMK-Vorsitzende und Brandenburger Arbeits- und Sozialministerin Diana Golze (DIE LINKE) mahnte abschließend: "Wir müssen die Menschen fest im Blick behalten, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Menschen, deren Einkommen – trotz mehrerer Jobs – nicht ausreicht, um Miete, Nebenkosten und Lebensmittel zu bezahlen. Die in sozialen Berufen für andere Menschen unter großem Zeitdruck hart arbeiten, dafür aber kaum Anerkennung finden. Frauen und Männer, die es trotz großer Anstrengung nicht schaffen, eine Arbeit zu finden." Aus ihrer Sicht seien in Potsdam zentrale Beschlüsse gefasst, darunter wichtige Forderungen an die künftige Bundesregierung.
Der zukünftige ASMK-Leiter, Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) kündigte mit Blick auf die voranschreitende Digitalisierung an, im kommenden Jahr den Blick auf eine starke und verlässliche Sozialpartnerschaft zu lenken und dafür in den Dialog mit den Beteiligten zu gehen. "Wir müssen die Menschen bei der Digitalisierung mitnehmen. Hier muss ein zentraler Punkt in der Weiterbildung liegen. Sonst bekommt die Soziale Marktwirtschaft Risse, die irgendwann nicht mehr gekittet werden können", so Laumann. Diese Risse möglichst zu verhindern, werde für ihn ein Schwerpunkt als Gastgeber der ASMK 2018 sein, sagte er weiter.
Ein hessischer Antrag, der sicherstellen sollte, dass nur antragsberechtigte Flüchtlinge (einschließlich der nachziehenden Familienangehörigen) SGB II-Leistungen erhalten, bekam keine Mehrheit. Dieser Antrag sah vor, im Rahmen der Leistungsantragstellung bei Zweifeln an der Identität des Einzelnen eine entsprechend frühzeitige Identitätsprüfung mittels eines Fingerabdrucks vorzunehmen. Hessens Arbeits- und Sozialminister, Stefan Grüttner, bedauerte die Entscheidung: „Für mich ist es nicht nachvollziehbar, da damit ein möglicher Mehrfachbezug von Leistungen nicht frühzeitig verhindert und dem Leistungsmissbrauch weiter Vorschub geleistet werden kann. Das geht sehenden Auges zu Lasten der Gesellschaft", so der Hessische Staatsminister.
Reform des Sozialen Entschädigungsrechtes
Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz will weiter gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales weiter an der Reform des Sozialen Entschädigungsrecht arbeiten. Ziel sei ein zeitgemäßes Entschädigungsrecht, mit dem der Staat unter sich verändernden Sicherheitslagen und Bedrohungssituationen auch in Zukunft seiner besonderen sozialen Verantwortung gegenüber den Opfern von Krieg, Terror und Gewalt gerecht werden kann. Geklärt werden soll auch, wie Opfer terroristischer Gewalttaten oder sonstiger Gewaltexzesse künftig vom Staat bessere Hilfe- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Debatte zur Kinderarmut
Um Kinderarmut zu bekämpfen verfolgen die Länder mehrheitlich den Ansatz, ein Konzept für die Einführung einer Kindergrundsicherung zu erarbeiten. Dafür wurde bereits mit der 93. ASMK 2016 eine länderoffene Arbeitsgruppe initiiert. Die Länder haben sich in Potsdam darauf verständigt, dass eine Arbeitsgruppe bis zur 95. ASMK 2018 als zentralen Baustein zur Vermeidung von Kinderarmut ein Konzept einer Kindergrundsicherung entwickeln soll. Parallel dazu sollen die schon bestehenden kindbezogenen Leistungen, insbesondere Kindergeld und Kinderzuschlag, bis zur möglichen Einführung einer Kindergrundsicherung weiter optimiert werden.
Einheitlichlicher Mindeslohn in der Pflege
Die Länder fordern einen einheitlichen Mindestlohn in der Pflege in Ost und West. Sie halten es für erforderlich, diese regionale Differenzierung zu beenden, da es für eine unterschiedliche Bezahlung keine sachliche Rechtfertigung mehr gebe. Aktuell betrage das Mindestentgelt in der Pflege im Gebiet der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein ab dem 1. Januar 2018: 10,55 Euro je Stunde. In den ostdeutschen Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beträgt der Pflegemindestlohn ab dem 1. Januar 2018: 10,05 Euro je Stunde.
„30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung ist es den Pflegekräften in Ostdeutschland nicht mehr vermittelbar, dass sie weniger verdienen sollen als ihre westdeutschen Kolleginnen und Kollegen. Sowohl der Arbeits- und Zeitumfang, die hohe Verantwortung als auch die physischen und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz sind unabhängig vom Arbeitsort identisch", heißt es in der Begründung zum Beschluss.
Bundesteilhabegesetz (BTHG)
Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz fordert im Rahmen der Umsetzung des BTHG vom Bund, die Grundlagen für die Berichterstattung auf Datenbasis der bundesweiten Sozialhilfestatistik zu beschränken. Auf Wunsch der ASMK wurde zudem beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine gemeinsame Geschäftsstelle von Bund und Ländern eingerichtet, um die vielfältigen Partizipationsprozesse auf Bundes- und Länderebene zur Umsetzung des Gesetzes im Interesse der Menschen mit Behinderungen besser abstimmen zu können.
Arbeitsmarktintegration geflüchteter Menschen
Die Länder bekräftigen ihre Erwartungen an den Bund, das bestehende Förderangebot zur nachhaltigen Integration und präventiven Arbeitsmarktpolitik zu erweitern und zu verstetigen. Unter anderem wird der Bund aufgefordert, sprachförderungs- und arbeitsmarktbezogene Integrationsangebote für alle Geduldeten und Gestatteten mit Arbeitsmarktzugang unbefristet zu öffnen.
Quelle: Presseinformation des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in Brandenburg am 7. Dezember 2017