Mutmaßlicher Pflegebetrug: Gerät Branche unter Generalverdacht?

Seit dem Bekanntwerden eines internen Ermittlungsberichtes unter anderem des Bundeskriminalamtes liegt nahe, dass mehr als 200 russischsprachige Pflegedienste ein bundesweites Abrechnungsbetrugssystem aufgebaut haben, in das auch Ärzte, Apotheker und Patienten mit einbezogen sein sollen . Über die Ermittlungen berichteten Tagesschau und andere Medien.

Bundesgesundheitsminister Gröhe hatte bereits 2016 dem organisierten Pflegebetrug den Kampf angesagt und dazu auf Bundesebene einiges zur Verschärfung von Gesetzen und Kontrollen auf den Weg gebracht. Dem Patientenschützer Eugen Brysch, Deutsche Stiftung Patientenschutz, ist das zu wenig, denn er befürchtet zum großen Teil, dass man sich in den kommenden Monaten und Jahren mit dem Phänomen weiter auseinandersetzen muss. Das sagte er in einem aktuellen  Interview mit dem Deutschlandfunk. 

Während er sich dabei für eine konzertierte Aktion unter Einbeziehung der Bundesländern ausspricht, um mafiöse Strukturen in einem immer komplizierter werdendem System zu zerschlagen, und unter anderem Schwerpunktstaatsanwaltschaften, zentrale Ermittlungsbehörden oder Patientennummern fordert, konnten nach Ansicht von Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste, diese "offensichtlich schwer kriminellen Fälle" aufgrund eines funktionierenden Kontrollsystems aufgedeckt werden und "müssen nun entsprechend strafrechtlich verfolgt werden."

Gleichzeitig warnt der bpa jedoch davor, angesichts dieser kriminellen Machenschaften mit "offenkundig mafiösen Strukturen" die gesamte Branche zu verunglimpfen. „Aktuell stehen 230 Dienste von rund 14.000 in Deutschland im Verdacht, systematisch Abrechnungsbetrug zu betreiben. Daher sollte Bandenkriminalität nicht zum Anlass genommen werden, Tausende von ambulanten Diensten mit ihren Mitarbeitern zu diskreditieren und Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu verunsichern." Weiter fordert der bpa-Präsident: „Statt Aktionismus und Misstrauenskultur brauchen wir handlungsfähige Staatsanwaltschaften, die in rechtstaatlichen Verfahren zu Gerichtsurteilen kommen."

Auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Karl Josef Laumann (CDU) sieht nach Informationen der Ärztezeitung keinen weiteren Gesetzgebungsbedarf zur Pflegebetrugsprävention. Er verwies auf die Ausweitung der Kontrollbefugnisse des MDK mit dem Pflegestärkungsgesetz II, heißt es weiter.

 


Quelle: Presseinformation des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste vom 30. Mai 2017, www.stiftung-patientenschutz.de, Stand: 2. Juni 2017, ÄrzteZeitung vom 31. Mai 2017 (Elektronische Abrechnung im Kampf gegen Pflegemafia gefordert)