Soziale Faktoren müssen stärkere Beachtung finden
Vergangene Woche trafen sich in Kassel fast 800 Fachkräfte aus dem Sozial- und Gesundheitswesen zum Bundeskongress der Deutschen Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen (DVSG). Die Botschaft war klar: Ohne zusätzliche Investitionen in die Soziale Arbeit können gesundheitsbezogene Ungleichheiten nicht reduziert werden.
Überschrieben war die diesjährige Konferenz mit dem Titel: „Gesundheit für alle!? Benachteiligungen erkennen – Handlungsspielräume nutzen“. Kai Klose, hessischer Staatsminister für Soziales und Integration und gleichzeitig Schirmherr der Tagung, ging in seiner Begrüßungsrede auf das Thema ein, indem er deutlich machte, dass „alle Arbeitsfelder und Politikbereiche gefragt" seien, um den Folgen gesundheitsbezogener Ungleichheit zu begegnen. Ziel sei eine gerechte Chance auf Gesundheit für alle Menschen.
Der 1. Vorsitzende der DVSG, Prof. Dr. Stephan Dettmers, wies darauf hin, dass sich für Fachkräfte der Sozialen Arbeit täglich zeige, wie sich die Folgen der großen sozialen und gesundheitlichen Ungleichheiten auswirkten. Es sei wissenschafltlich erwiesen, dass die Ursachen für diesen Zustand schon im Kindesalter zu finden seien. Und auch die demografische Entwicklung vergrößert laut Dettmers die Schere. Sie bedinge eine Zunahme chronisch progredienter Erkrankungen und Beeinträchtigungen. Diese gesundheitlichen Belastungen erhöhten folglich das Armutsrisiko. „Das setzt eine Spirale in Gang, die wir unterbrechen müssen und können", erklärte Dettmers.
Zu Gast war in Kassel auch Prof. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Wie Dettmers warnte auch er vor den Ungleichheitsfolgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Hinsichtlich einer effektiven Bekämpfung der Ursachen ging er vor allem auf die Notwendigkeit nicht-medizinischer Präventionsarbeit ein, speziell auf den sogenannten 'Health in all policies'-Ansatz. Dieser werde in Deutschland aktuell kaum verwirklicht. Ein weiteres Mittel könne eine partizipativ ausgerichtete Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten sein. Denn Kampagnen, die die Lebenswelt ihrer Adressat*innnen nicht erreichen, sind bekanntlich die wirkungslosesten.
Die DVSG machte mit ihrem Bundeskongress deutlich, dass sowohl individuumszentrierte als auch sozialräumliche Ansätze Anwendung finden müssten, damit gesunsheitsbezogenen Ungleichheiten entgegengewirkt werden kann. Aus Sicht der gesundheitsbezogenen Sozialen Arbeit gelinge die Verminderung von gesundheitlicher Benachteiligung nur nachhaltig, wenn Interventionen zur Verhinderung und Bewältigung sozialer Probleme partizipativ und lebensweltorientiert geplant und umgesetzt werden und auf die Veränderung von Verhältnissen abzielten.