AGJ: „Chancen-Check" für 22 Millionen

Die AGJ stellte den „Deutschen Kinder- und Jugend(-hilfe) Monitor 2017 für die bundesweit rund 22 Millionen Kinder und Jugendlichen im Alter von 0 bis 27 Jahren vor. Anlass ist der 16. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT), der unter dem Motto steht:  „22 Mio. junge Chancen – gemeinsam. gesellschaft. gerecht. gestalten steht." Immer noch gehörten rund 3,7 Millionen der Unter-18-Jährigen zu den Verlierern der jungen Generation. „Sie sind sozial abgehängt – durch Eltern ohne Berufsausbildung, ohne Job. Oder durch Elternhäuser, die von Armut bedroht sind", sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, Prof. Dr. Karin Böllert in Berlin.

Zu einer gerechteren Gesellschaft gehört für die AGJ eine Neujustierung des Kindergeldes: „Eltern mit geringem oder keinem Einkommen müssen künftig besser gefördert werden. Armut darf nicht länger vererbt werden", so Böllert. Wichtig für die Startchancen seien aber auch die Kita.  Ein Schwerpunkt des DJHT werde in der kommenden Woche deshalb eine Kita-Qualitätsoffensive sein. Ziel sei es, eine deutliche Verbesserung der Erziehung, Bildung und Betreuung zu erreichen. Dazu müsse es vor allem kleinere Gruppen – also eine bessere Erzieher-Kind-Relation – geben. Der Nachholbedarf beim Personal beginne bereits bei den Leitungen der Kitas. Hier fehlten bundesweit rund 21.800 Vollzeitkräfte, die sich intensiv um das Kita-Management, um neue Konzepte und Elterngespräche kümmerten.

Unzufrieden zeigte sich die AGJ mit der Flüchtlingskinder-Quote in den Kitas: „Die Chance auf Integration per Kita ist enorm wichtig. Aber genau diese Chance wird heute viel zu oft verschenkt. Denn die meisten Flüchtlingsfamilien wissen gar nicht, dass ihre Kinder ein Recht auf einen Kitaplatz haben", sagte Karin Böllert. Dies müsse den Flüchtlingsfamilien offensiv gesagt werden – und zwar in deren Landessprache.

Böllert kündigte  die Integration von jungen Flüchtlingen als einen weiterer Schwerpunkt des Deutschen Kinder- und Jugendhilfetages an. Eine deutliche Kritik der AGJ trifft die Ganztagsschulen: „Sie sind heute nicht in der Lage, das oft starke Niveaugefälle, das durch drastische Bildungsunterschiede in Elternhäusern gegeben ist, auszugleichen. Beim Ziel, Kindern hier gleiche Startchancen zu geben, ist die Ganztagsschule gescheitert. Sie schafft es bislang nicht, Bildungsbenachteiligung zu beseitigen", so Karin Böllert. Die AGJ-Vorsitzende forderte deshalb auch für Ganztagsschulen eine Qualitätsoffensive.  Die AGJ-Vorsitzende sprach sich für einen stärkeren „Polit-Impuls" an Schulen aus: Angesichts eines wachsenden Rechtspopulismus müssten Kinder und Jugendliche immer wieder vom Wert der Demokratie überzeugt werden. Die AGJ
forderte deshalb, die politische Bildung zum Pflichtfach an Schulen zu machen. Jugendliche sollten zudem früher in der Politik mitmischen und eine „Mitmach-Demokratie" erleben. Dazu sei es notwendig, 16-Jährige schon bei allen Wahlen mitbestimmen zu lassen.

 

Quelle: Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ vom 21. März 2017