Impfpflicht: Was dürfen Arbeitgeber verlangen?
Kaum ein Thema wird aktuell so heftig diskutiert wie eine mögliche Impfpflicht. Oft wird dabei vergessen, dass in vielen Berufen schon heute bestimmte Impfungen obligatorisch sind. Doch was dürfen Arbeitgeber im Fall des neuartigen Coronavirus von ihren Angestellten einfordern? Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht an der Frankfurt UAS, sieht hier klare Grenzen.
Mit dem Beginn der Covid-19-Impfungen ist der Kampf gegen das Corona-Virus in eine neue Runde gegangen. In Deutschland zeichnet sich ab, dass eine signifikante Zahl von Menschen eine Impfung aus verschiedenen Gründen ablehnt. Dies befeuert die Diskussion, ob ein Impfnachweis zukünftig Voraussetzung dafür sein könnte, öffentliche Einrichtungen, Restaurants oder Verkehrsmittel zu betreten. „Diese Debatte um Impfungen als Zugangsvoraussetzung wird auch vor Betrieben und Büros nicht haltmachen und hat bezogen auf Pflegekräfte ja bereits begonnen“, sagt Prof. Dr. Peter Wedde von der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). Zutritt zum Arbeitsplatz nur für Covid-19-Geimpfte – der Arbeitsrecht- und Datenschutzexperte erläutert in einem Statement, was rechtlich zulässig und gesellschaftlich geboten ist.
Kritisch sieht Wedde vor allem – wie schon bei Einführung der „Corona-App“ – die fehlende gesetzliche Regelung. „Der Gesetzgeber hat es versäumt, Klarheit durch ein eindeutiges Verwendungsverbot von Impfnachweisen zu schaffen, um Diskriminierungen von vornherein auszuschließen.“ Die Forderung an die Mitarbeitenden, sich impfen zu lassen, begründe der Arbeitgeber vermutlich mit dem Schutz von Kolleginnen und Kollegen, aber auch mit der Verpflichtung, die eigene Gesundheit und damit die Arbeitskraft zu sichern. Dem können Beschäftigte ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf freie Entscheidung über medizinische Maßnahmen entgegenhalten. „Da jede Partei ihre Position mit Grundrechten untermauern kann, sind hier Konflikte vorgezeichnet“, warnt Wedde.
Impfpflicht kann als Grundrechtsverletzung gewertet werden
Beschäftigte müssen die aus dem Arbeitsvertrag geschuldeten Leistungen erbringen. Darüber hinaus gibt es gegenüber dem Arbeitgeber allgemeine Fürsorge- und Rücksichtnahmepflichten. Wer eine ansteckende Krankheit hat, sollte deshalb zuhause bleiben. Diese arbeitsrechtlichen Nebenpflichten gehen aber nicht so weit, dass Beschäftigte deshalb Eingriffe in ihre Grundrechte wie eine Impfung hinnehmen müssen.
Und es bedeutet auch, dass sie medizinische Maßnahmen nicht offenbaren müssen, zumal diese Informationen datenschutzrechtlich herausragend geschützt sind. „Solange es keinen gesetzlichen Impfzwang nebst einer Verpflichtung zur Mitteilung gibt, müssen Beschäftigte weder aus arbeitsvertraglichen Gründen noch aufgrund bestehender vertraglicher Nebenpflichten entsprechende Informationen an den Arbeitgeber weitergeben“, betont Wedde. „Selbst wenn der Gesetzgeber sich entschiede, alle Beschäftigten zu einer entsprechenden Mitteilung an den Arbeitgeber zu verpflichten, hielte eine solche Regelung einer gerichtlichen Überprüfung sicher schon deshalb nicht stand, weil Arbeitgebern zum Schutz ihrer Beschäftigten vor einer Covid-19-Infektion andere Maßnahmen zur Verfügung stehen wie strikte Abstands- und Hygieneregeln, räumliche und organisatorische Schutzmaßnahmen oder das temporäre Ausweichen auf die Arbeit im Home-Office.“
Quelle: Pressemitteilung der Frankfurt UAS vom 21.1.2021