Depression im Pflegeheim: Was kann das Pflegepersonal tun?
Depressionen betreffen Menschen aller Altersstufen, also auch Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen. Doch bei ihnen wird die Depression häufig nicht als solche erkannt. Forscher*innen des Hessischen Instituts für Pflegeforschung (HessIP) versuchen dies zu ändern und Strategien zu entwickeln, mit Hilfe derer das Pflegepersonal die Problematik sensibel und angemessen bearbeiten kann.
Obwohl Depression nach den Demenzen die zweithäufigste psychische Erkrankung im Alter ist, gibt es bei der Versorgung der Betroffenen in Pflegeheimen große Defizite, insbesondere was die Psychotherapie angeht. Zudem wird die Erkrankung häufig gar nicht erkannt. Das Forschungsprojekt 'DAVOS', das aktuell am Hessischen Institut für Pflegeforschung (HessIP) durchgeführt wird, beschäftigt sich mit genau jenen Phänomenen. Ziel der Forscher*innen ist es, Pflegepersonen durch die Entwicklung von Schulungskonzepten zum Thema mehr Handlungssicherheit zu geben und so eine bessere Versorgung der betroffenen Menschen zu erreichen.
Einen tiefen Einblick in die Berufspraxis von Pflegeeinrichtungen konnte man sich bereits anhand teilnehmender Beobachtungen verschaffen, die in vier Pflegeeinrichtungen stattfinden konnten. Hierbei fiel auf, dass das Pflegpersonal zwischen den Anforderungen der Einrichtung und den individuellen Bedürfnissen der Bewohner*innen zerrieben wird und selten allen Ansprüchen gerecht werden kann. Auf dieser Basis erscheint die intensive Auseinandersetzung mit der psychischen Verfassung eines Patienten / einer Patientin nur schwer möglich. Eine systematische Bearbeitung im Team könne hier für Entlastung sorgen, da auf diese Weise eine abgestimmte Priorisierung erfolgen könne, für welche Themen man zusätzliche Zeit einräumen muss. Hiervon könnten betroffene Bewohner*innen profitieren.
In sogenannten Qualifizierungsmodulen wurden mit den Pflegekräften aufgrund der in der Forschung ermittelten 'Spannungsbögen' weitere Lösungswege erarbeitet, zum Beispiel hinsichtlich des häufig stark belastenden Konflikts zwischen Privatheit und Öffentlichkeit in den Einrichtungen: Gerade der Verlust der Privatsphäre, gepaart mit dem Verlust der vertrauten Umgebung belaste die Bewohner*innen häufig sehr stark. Hier seien aus Sicht der Fachkräfte oft schon kleine Veränderungen oder Gesten hilfreich.
„Die rege Diskussion mit den Berufsgruppen verdeutlichte, dass von Seiten der Mitarbeitenden ein großes Interesse an einem Austausch zu dem Thema Depression im Altenpflegeheim besteht“, betont Prof. Dr. Ulrike Schulze, Professorin für Pflegewissenschaft/Klinische Pflege an der Frankfurt UAS und Leiterin des HessIP. „Die Spannungsbögen ermöglichen eine kritische Reflexion und einen berufsübergreifenden Erfahrungsaustausch mit Lösungsorientierung und sensibilisieren gleichzeitig für die Bedürfnisse der Bewohner/-innen mit Depression“, resümiert Schulze.
Die vorläufige Konzeption der Schulungseinheiten wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres abgeschlossen sein. Die Schulungseinheiten werden im engen Austausch mit der Praxis entwickelt, sodass Anregungen und Wünsche der Pflegenden und Betreuer*innen fortlaufend aufgegriffen werden und einzelne fachliche Themen bzw. Übungs- und Arbeitsformen in das Schulungskonzept einfließen können.
Quelle: Pressemitteilung der Frankfurt UAS vom 08.01.2020