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Plädoyer für eine menschliche Digitalisierung

Die Digitalisierung bietet für Menschen mit Behinderung große Chancen. Der technische Fortschritt hat für viele echte Teilhabemöglichkeiten eröffnet. Doch warnt die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) vor der Kehrseite der Medaille, einem möglichen "Zwang zur Digitalisierung".

„Es ist zu befürchten, dass behinderte Menschen zum Opfer der Optimierungsbestrebungen in der Pflegebranche und in der Behindertenhilfe werden“, warnt  das Vorstandmitglied der ISL, Horst Frehe, und verlangt: „Pflegeroboter und Verwaltungssoftware in Heimen und Werkstätten dürfen nicht zur Entmenschlichung führen!“  Es dürfe auch nicht sein, dass behinderte Menschen, die bestimmte neue digitalgesteuerte Hilfsmittel wie das Cochlear Implantat oder das Exoskelett ablehnten, zu einer Nutzung genötigt oder schlimmsten Falls geächtet würden, mahnt Frehe zudem.

Digitalisierung und Barrierefreiheit gehören nach Auffassung der ISL zusammen, ihre praktische Ausgestaltung müsse aber menschenrechtlichen Grundsätzen folgen. Die digitale Barrierefreiheit sollte laut der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in allen Lebensbereichen einen gleichberechtigten Zugang für alle Menschen schaffen. Mit dem neuen europäischen Barrierefreiheitsgesetz, das insbesondere die digitale Barrierefreiheit in vielen Lebensbereichen in den Vordergrund stellt, könne neben öffentlichen Trägern nun auch die Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit verpflichtet werden.

Auch müsse eine digitale Grundausstattung in das Existenzminimum eingerechnet werden. „Menschen mit Behinderung sind häufiger von Armut betroffen als nichtbehinderte Menschen. Viele von ihnen sind auf Grundsicherung angewiesen oder verdienen nur einen Hungerlohn in den Werkstätten für behinderte Menschen. Für diese Menschen bleibt ein Internetanschluss und ein digitales Endgerät wie ein Smartphone oder Tablet unerschwinglich. Somit haben sie keinen gleichberechtigten Zugang zu digitalen Medien,“ fasst Frehe zusammen. 

Bei der Nutzung neuer digitaler Inhalte sei eine gute flächendeckende Internetbandbreite notwendig, um behinderten Menschen nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land eine sinnvolle Unterstützung bieten zu können, erklärt Horst Frehe.


Quelle: Pressemitteilung der Interessengemeinschaft Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) vom 25.11.2018