Symbolbild: Füße eines Neugegorenen
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Keine Papiere - keine Geburtsurkunde?

Der Besitz einer Geburtsurkunde ist der wichtigste Identitätsnachweis und bietet in Deutschland Zugang zur Wahrnehmung wesentlicher Rechte. Doch für Eltern, die ihre Identität nicht ausreichend nachweisen können, ist die Ausstellung einer Geburtsurkunde nicht selten problematisch. Eine Sensibilisierung und Kenntnisse der Konsequenzen sind wichtig für Betroffene wie Fachkräfte.

Papiere von Anfang an - oder nicht?

In der Regel wird einem in Deutschland geborenes Kind unmittelbar nach der Geburt eine Geburtsurkunde ausgestellt. Kommt das Kind in einem Kranken- oder Geburtshaus zur Welt, übermitteln diese die Geburtsanzeige an das zuständige Standesamt, bei einer Hausgeburt wird durch die Hebammen, Geburtshelfer:innen, Ärztinnen oder Ärzte eine Geburtsbescheinigung ausgestellt und muss innerhalb einer Woche selbstständig an das Standesamt übermittelt werden. Das Kind ist dann registriert und es kann mit weiteren erforderlichen Dokumenten eine Geburtsurkunde beantragt werden. Die Registrierung dient der Identifizierung, ist Voraussetzung für die Wahrnehmung von Rechten und eine Staatenverpflichtung nach Artikel 7 der UN-Kinderrechtskonvention.

"Die unsichtbaren Kinder"

Doch es sind einige Fälle bekannt, in denen es bei der Beantragung der Geburtsurkunde zu Problemen kommt. Dabei handelt es sich um Kinder, deren Eltern Schwierigkeiten haben, ihre Identität ausreichend nachzuweisen. Grund dafür sind mangelnde Papiere, die für diese schwer oder auch gar nicht zu bekommen sind, z.B. weil sie geflüchtet sind. Laut dem Deutschen Institut für Menschenrechte können Standesbeamte nach dem Personenstandsgesetz (PStG) in einem solchen Fall eine Geburtsurkunde ausstellen, müssen es aber nicht. Die Ausstellung wird manchal entweder vertagt oder die Familie erhält ersatzweise einen beglaubigten Auszug aus dem Geburtenregister.

Welche Konsequenzen hat dies für betroffene Familien?

Die Geburtsurkunde dient als Identitätsnachweis und ist Zugang zum Rechtsanspruch. Auch mit dem beglaubigten Auszug aus dem Geburtsregister lassen sich einige wichtige Rechte wahrnehmen, doch wird dieses Dokument in der Praxis nicht überall anerkannt. Wenn die Ausstellung der Geburtsurkunde lediglich hinausgezögert wird, ist das Kind für den Staat in diesem Zeitraum quasi unsichtbar. Dadurch können ihm bzw. dessen Eltern wesentliche Leistungen verwehrt werden, sowohl soziale als auch medizinische, darunter Vorsorgeuntersuchungen ab der dritten U-Untersuchung, Impfungen,Kindergeld und der Zugang zu Bildung.

Eine Sensibilisierung von Sozialarbeitenden und Standesbeamt:innen ist nötig. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat zu diesem Zweck eine eigene Website ins Leben gerufen, die über die kinder- und menschenrechtlichen Vorgaben informiert und ein FAQ rund um die Geburtenregistrierung von Kindern bietet, deren Eltern ihre Identität nicht nachweisen können. Standesbeamt*innen und Sozialarbeitende, die mit Geflüshteten arbeiten, finden dort Überblick über die Möglichkeiten, wie jedem Kind zeitnah zu einer Geburtsurkunde verholfen werden kann.

Diskriminierungsfreie Gestaltung des Geburtenregisters

In ihrem Positionspapier fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte die Geburtenregistrierung diskrimnierungsfrei zu gestalten: das bedeutet vor allem ähnlich wie bei Schulen die Mitteilungspflicht der Standesämter an die Ausländerbehörde abzuschaffen. „Denn die Angst vor einer Abschiebung sollte nicht dazu führen, dass Eltern ihre Neugeborenen nicht registrieren lassen.“ Darüber hinaus können die Kosten für beglaubigte Übersetzungen fremdsprachlicher Urkunden drei- bis vierstellig sein und so den Zugang zum Geburtenregister erschweren. Die bloße Eintragung der Mutter in die Geburtsurkunde kann für Betroffene aus bestimmten Herkunftsländern problematisch sein. Unter Umständen gefährdet dies die Weitergabe der Staatsangehörigkeit und impliziert die Geburt eines nicht-ehelichen Kindes, was in einigen Ländern gesellschaftliche Stigmatisierung zur Folge haben kann.


Quelle: Mit Informationen des Deutschen Instituts für Menschenrechte